Mein
Posting zum Thema: Bundeskanzler H. Kohl eine Betrachtung
Ralf
Nietzschmann für den Gesprächskreis und
http://politikparadox.blogspot.de/
,
http://robert-diegrossenreligionen.blogspot.de/
in
Anlehnung an die
Nachdenkseiten
(NDS)
http://www.nachdenkseiten.de/
Liebe
Freunde*innen des Gesprächskreises, verehrte Leser*innen und
Bekannte,
wenn
ich vor allen den jüngeren Teilnehmern des Gesprächskreises meine
Betrachtung über H. Kohl mitteile, dann muss das differenziert
betrachtet werden. Ich habe 40 Jahre in der DDR gelebt, dort mein
persönliches Leben gestaltet und für meine Verhältnisse gut
gelebt.
Ich bin auch kein Verlierer des Beitritts der DDR zum GG
der BRD und lebe auch jetzt für meine Ansprüche materiell
vermutlich überdurchschnittlich gut im Verhältnis vieler meiner
Landsleute, nun aber gesamtdeutsch betrachtet.
Ich schreibe das
nur zum allgemeinen Verständnis, denn ich möchte ja aus meiner
Sicht zu H. Kohl schreiben.
Da beginne ich aber nicht nur mit
den Ereignissen 1989/ 90, sondern mit den Auswirkungen der Politik
von Kohl, die zwar in 1989/ 90 ihren Ursprung haben, anschließend
von Kohls Nachfolgern sogar noch brutaler gesamtdeutsch durchgesetzt
worden sind.
Ich weiß nicht, ob es mit Kohl deutsche
Kriegsbeteiligungen gegeben hätte.
Ich weiß auch nicht, ob
Kohl sein Wort gegenüber Gorbatschow gehalten hätte, bezüglich der
NATO gegenüber Russland. Ich weiß nicht, ob Kohl sich gegen die
Waffenlobby durchgesetzt hätte.
Deshalb konzentriere ich mich
nur auf die Auswirkungen für ein immer größeren Teil unserer
Mitbürger.
Bis zu der großen Kundgebung in Leipzig auf dem
heutigen Augustusplatz mit
Kohl,
hatte ich doch Hoffnung in Kohl gesetzt. Ich dachte wirklich, dass
Kohl für die einfachen Menschen steht.
Ich musste einsehen,
dass Kohl das eigentlich auch nicht wollte. Was bedeutete die
sogenannte deutsch-deutsche „Wiedervereinigung“, die ja in
Wirklichkeit ein Beitritt der DDR zum GG der BRD ist, für die
einfachen Menschen in Ost und West tatsächlich?
Aus meiner
Sicht als DDR-Bürger zitiere ich aus einem früheren Beitrag von
mir, der für mich immer noch Gültigkeit hat.
Die DDR-Bürger
wurden sofort mit einer für sie unbekannten fertigen Staatsordnung
konfrontiert und konnten dem zu Folge ihr Stück Selbstbestimmung,
das sie sich gerade erobert hatten, nicht ausleben. Das neue System
verlangte von seinen neuen Bürgern kein aktives Mittun, sondern nur
noch „Glücklichsein“über die nun beginnende Zukunft.
Die
meisten Bürger akzeptierten dieses abverlangte Verhalten, den lange
genug hatten sie keinen eigenen Blick auf die andere Seite
Deutschlands, da ja die Mauer für die meisten ein unüberwindbares
Hindernis war. Das Neue wurde erstmal freudig begrüßt, auch Dank
der Medien.
Der reale Sozialismus hatte den meisten Bürgern
Wünsche verwehrt und Einschränkungen ihres persönlichen Lebens
gebracht( Reisefreiheit), dadurch war man gern bereit das alte und
bekannte System aufzugeben, auch seine zweifelsfrei positiven
Facetten zu den Akten zu legen.
Dieses Verhalten war durchaus
für die breite Masse verständlich, aber mit Sicherheit
nicht
unbedingt klug. Viele dieser Menschen mussten das in Laufe
der Zeit erkennen und verkraften.
Viele
der Initiatoren die eine Veränderung des Systems in der DDR wollten,
die damals eine Chance sahen, mit der alten DDR das Denken und
Handeln in Sinne einer gerechten Gesellschaftsordnung aufzubauen,
mussten erkennen, dass die Mehrheit einfach nur ein vermeintlich
komfortableres System haben wollten. Und Kohl hat dies mit blühenden
Landschaften unterstützt.
Wie einsam wurde es um die
Demonstranten der ersten Stunde auch in meiner Heimatstadt Leipzig.
Wir wurden angefeindet, wenn wir auf das nun Kommende hinwiesen.
Der
Ausverkauf des volkseigenen Vermögens stand zu diesem Zeitpunkt
längst auf Kohls Agenda. Sofort ohne Zögern verramschte die
Treuhand den Kuchen bis auf die letzten
Krümeln.
Auf
die versprochenen Beteiligungen am Vermögen der DDR wartete auf ein
Gros der DDR-Bürger die Entlassung. Arbeitsämter schossen wie Pilze
aus der Erde. Zigtausende verließen ihre Heimat gen Westen, um dort
ihre Arbeitskraft für den halben Lohn der angestammten Belegschaft
zu verkaufen. Im Westen gescheiterte Bürokraten machten sich mit
„Buschzulage“ auf neu geschaffenen Führungsposten breit.
Mit
dem Beitritt, ermöglicht durch Gorbatschow, abgeschlossen nach
Verhandlungen zwischen ihm und Kohl höchstpersönlich, konnte der
Kapitalismus seinen globalen Siegeszug, ohne jegliche Rücksichtnahme
auf die Menschen in Gesamtdeutschland ungebremst nun beginnen.
Wo
sind denn die sozialen Errungenschaften der BRD und DDR
geblieben?
Der Beitritt der DDR zum GG der BRD war der Schlüssel
für die sozialen Verwerfungen in Ost und West. Arbeiterrechte wurden
systematisch abgebaut. Die Sozialhilfe und Renten wurden gekürzt.
Später kam die Agenda 2010 dazu, die letztendlich zur vollkommenen
Unterwerfung und Unsicherheit von Millionen von Menschen
führte.
Warum wurden wir damals belächelt, als wir auf die
zweite Lohntüte der Beschäftigten in der DDR hinwiesen. Waren
Polikliniken kostenlose Gesundheitsvorsorge, Kitabetreung, kostenlose
Bildung, das Recht auf Arbeit wirklich so schlecht? War
Frauenförderung, Anpassung an familiäre Gegebenheiten im Beruf,
bezahlte Haushaltstage wirklich ungerechtfertigte Privilegien für
Frauen und Mütter?
Die Zeit nach dem Beitritt ist
gekennzeichnet durch fortwährende Aufrüstung, des Vorrückens der
NATO, der Angriffskriege mit deutscher Beteiligung, der Verarmung von
Millionen Menschen in Deutschland. Bettler in deutschen Städten und
immer mehr Obdachlos, Flaschensammler und Tafeln mit langen Schlangen
davor ist das neue Bild in Deutschland, fern von blühenden
Landschaften und einer sozialen Marktwirtschaft, die die DDR-Bürger
nie kennen gelernt haben. Es gibt die Gefahr eines dritten
Weltkrieges.
Was hat das alles mit Kohl zu tun? Für mich hat
auch er am Aufstieg des europäischen Großkapitals maßgeblich den
Weg mit bereitet und das zum Nachteil größerer Schichten der
Bevölkerung.
Es ist vollkommen unangebracht nun Kohls Leistung
zu verklären, zu mindestens für meine Klientel
Was ich schlimm
finde, ist die Heuchelei der Politiker, von Merkel, über Schulz,
Gabriel, Özdemir und sogar von einigen linken Politikern.
Bloß
gut, dass man den Fernseher abschalten kann. Schließlich muss jeder
für sich selber entscheiden, was an Kohl gut oder schlecht war. Noch
gibt es ja Meinungsfreiheit.
Glück auf
Ralf
4 Kommentare:
Hallo Ralf,
sehr gute Zusammenfassung dessen, was mit der "Einheit" bewirkt und umgesetzt wurde. Und zu diesem Zeitpunkt war eben gerade Kohl Kanzler. Dieser Vorgang wäre aber auch unter jeder/jedem anderen KanzlerIn genau so umgesetzt worden. Weil es dabei um die Interessen derer ging, die ein Interesse an der Europäisierung und Globalisierung aus eigenem Machtkalkül hatten und haben und der damit verbundenen zusätzlichen Aneignung von Eigentum und Kapital ging und geht.
Und die "Heldenverehrung" ist eben durchaus (immer schon) ein Markenzeichen insbesonders deutscher, aber auch menschlicher Obrigkeitshörigkeit.
Guter Kommentar. Möchte auf http://www.rationalgalerie.de/home/-helmut-kohl.html
hinweisen, auch auf die Leserkommentare.
Forist Will Forum durch Politikparadox - In eigener Sache - zum Blog gefunden
Danke für den Link. Ein sehr sachlicher, nüchterner und den Tatsachen geschuldeter "Nachruf".
Ein sehr durchdachter Kommentar, wobei ein Ostdeutscher auch seine eigenen Mitbürger schonungslos darstellt.
Was für eine Erkenntnis muss R. Nietzschmann und seine Gesinnungsgenossen erlebt haben und verbittert gewesen sein, als sie erkennen mussten, dass es eine Illusion gewesen ist eine DDR mit einem gerechten Gesellschaftssystem aufzubauen.
Auch Kohl hat das verhindert.
Leider hat Kohl mit den blühenden Landschaften, die Ostdeutschen verleitet die CDU zu wählen und damit den Wahlsieg bei einer rein westdeutscher Wahl von Lafontaine verhindert.
Es ist auch nicht Kohls Verdienst, dass die DDR der BRD beitreten konnte. Es war die Politik von W. Brandt, der die Aussöhnung mit der Sowjetunion erfolgreich betrieb.
Mit dem Beitritt hat Kohl die Chance zu einem Friedensvertrag und die vollständige Souveränität eines geeinten Deutschland verwirkt.
Ich als Westdeutscher und ehemals bekennender Sozialdemokrat, würde niemals die DDR-Bürger verurteilen, weil sie Kohl damals gewählt haben.
Wie Neoliberalismus funktioniert, konnten sie ja schmerzlich nun seit dem Beitritt erfahren.
Auch da nochmal Anerkennung zum Kommentar von R. Nietzschmann von mir.
Achim Schell Meiderich
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