Freitag, 8. November 2013

Opa und Enkel (Demographie und Generationsgerechtigkeit)

Enkel: „Sag´ mal Opa, stimmt es, dass Du auf meine Kosten lebst?“

Opa: „Wie kommst Du denn darauf?“

Enkel: „Hab´ ich gerade im Fernsehen gehört. Und zwar, dass die heutigen Rentner - und du bist ja Rentner - angeblich auch gar nicht schlecht, auf Kosten der jungen Generation leben. Und dass auch, weil Eure Renten so hoch sind, welche wir bezahlen.“

Opa: „Wer sagt das?“

Enkel: „So ein parteipolitischer Diskussionsteilnehmer, der immer wieder mal von der schrecklichen Demographieentwicklung, der Generationsgerechtigkeit und von der Gerechtigkeit gegenüber uns Jungen spricht“.

Opa: „Hast Du tatsächlich den Eindruck, dass ich auf Deine Kosten lebe? Findest Du meine Rente zu hoch?“

Enkel: „Nein, im Gegenteil. Du hast uns, vor allem meine Eltern immer unterstützt. Ich, bzw. unsere Generation profitieren ja immer noch davon, was ihr mal geleistet habt. Wir gehen inzwischen länger zur Schule (die Wirtschaft fordert ja gebildete Arbeitskräfte). Viele meiner Generation studieren (auch von der Wirtschaft gefordert) und beginnen dann als Praktikanten in relativ höherem Alter erst ihre Ausbildungszeit. Bis wir endlich mal „richtig“ Geld verdienen und damit auch Beiträge zur Gemeinschaft leisten können, sind viele von uns schon an die oder älter als 30 Jahre. Wir können uns viel mehr leisten (wovon ja wieder die boomende Wirtschaft profitiert), als ihr in jungen Jahren und leiden nicht unter Euch und der Rentnergeneration, sondern unter denjenigen, welche tatsächlich auf unsere Kosten leben.“

Opa: „Dann hat sich ja eigentlich nichts ge- und verändert. Wir, unsere Generation haben auch nicht unter unserer Eltern- und Großelterngeneration gelitten. Und die haben auch nicht auf unsere Kosten gelebt. Sondern sie und wir haben auch immer unter denjenigen gelitten, welche tatsächlich auch immer schon auf unsere Kosten gelebt haben. Wir haben bereits im Alter von 14 Jahren unsere Ausbildung begonnen. Unsere Eltern mussten z. T. sogar im Kindesalter „arbeiten“ und zum Familieneinkommen beitragen. Viele hatten nicht mal eine abgeschlossene Schulausbildung. Weil es die damals entweder gar nicht in dem Maße wie heute gab, oder weil sie in Kriegszeiten die Schulen gar nicht mehr besuchen konnten. Aber, besser gesagt trotzdem oder gerade deshalb haben sie dieses Land so geschaffen, wie ihr es heute vorfindet. Und auch damals schon hatte die Wirtschaft - ohne die "Fachkräfte" und "Gebildeten" - davon profitiert. Und vor allem jene, welche ihr „verbunden“ waren.“

Enkel: „Vorhin hat er gerade wieder von Gerechtigkeit gesprochen. Und als die Moderatorin in die Runde feststellte, dass sie den Eindruck habe, die Runde wäre sich dahingehend zumindest schon mal einig, dass künftig ALLE in das solidarische Rentensystem einzahlen müssten, da hat er sich sofort dagegen verwahrt. Und vor allem wehrt er sich ganz stark dagegen, dass auch die Beamten in das Solidarsystem einzahlen sollen. Als Begründung führt er die beamteten Briefträger und Polizisten, also die kleinen Beamten an.“

Opa: „Ja, so ist das mit den – vor allen in Parteien organisierten politischen - Menschen. Sie sprechen alle gerne von Gerechtigkeit und dass diese selbstredend gegenüber Jedermann gewährleistet sein muss. Insbesondere natürlich gegenüber dem „kleinen Mann, selbst wenn er Beamter ist“. Aber wehe, sie selbst wären dadurch davon selbst und direkt betroffen, evtl. auch noch dahingehend, dass sie etwas abgeben müssten, dann ist es ganz schnell mit dem Gerechtigkeitsanspruch gegenüber Jedermann vorbei.“

Enkel: „Opa, bist Du eigentlich dafür, dass alle Menschen in das Solidarsystem einzahlen sollten?“

Opa: „Selbstverständlich bin ich dafür. Denn woraus bestünde ein Solidarsystem von und für Menschen, wenn nicht Jedermann, alle Menschen dafür einstehen würden? Wenn es eine Unterscheidung zwischen Mensch und Mensch, in den Werten und damit in der Bewertung gibt? Dann ist Solidarität gar nicht mehr möglich. Denn Solidarität kann ja nur unter „Gleichen“ herrschen. Solidarität drückt den Zusammenhalt zwischen gleichgesinnten oder gleichgestellten Individuen und Gruppen und den Einsatz für gemeinsame Werte aus.“

Enkel: „Dann ist aber dieses angeblich solidarische System doch überhaupt nicht solidarisch. Damit kann es dann doch aber auch gar nicht gerecht sein. Denn es bestehen dann ja Unterschiede in Werten, Wertungen, den Rechten und Pflichten, zwischen Mensch und Mensch. Wenn aber Gerechtigkeit herrschen soll, dann kann dies doch nur bei gleichen Werten, Wertungen, Rechten und Pflichten für alle Menschen gleichermaßen und in der Gemeinsamkeit bestehen?“

Opa: „Ja, genau dies ist die eigentliche Ursache für all die derzeit herrschenden Probleme. Es werden zwar die Worte Gerechtigkeit und Solidargemeinschaft gerne mal in den Mund genommen. Aber wenn es an die Umsetzung geht, dann ist es ganz schnell mit der Solidarität und dem Gerechtigkeitsverständnis, der "Gleichheit" bei und unter den Menschen vorbei.“

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