Schach
matt
Der
helle Schein des Vollmondes beleuchtet die Szenerie, welche sich
unter dem sternenklaren Himmel abspielt.
Ein
Park, die Umrisse der Anlage im Halbdunkel liegend, vom hellen
Mondlicht bestrahlt.
Zwei
Gestalten, an einem kleinen Tische sitzend, dessen Oberfläche sich
im Lichte einer Öllampe widerspiegelt. Darauf eingemeißelt ein
Schachbrett mit seinen 64 Feldern.
Aber
anstatt der Schachfiguren, welche üblicherweise auf einem
Schachbrett in einer gesetzmäßigen, den Spielregeln folgenden
Ordnung aufgestellt sind, befinden sich auf den zweifarbigen Feldern
Wörter, Bruchstücke von Sätzen und ganze Sätze.
Aus
der Distanz lassen sich nur die Umrisse zweier scheinbar gleich
großer Wesen erkennen, die, vornüber gebeugt sehr nachdenklich und
konzentriert wirken.
Während
ich jegliches, auch nur kleinste Geräusch vermeidend näher trete,
erkenne ich, dass ich bereits an diesem Tischlein sitze. Mit großem
Erstaunen stelle ich fest, dass auch die Person, welche mir als mein
Gegenspieler gegenüber sitzt, wiederum ICH bin. Von daher die
gleiche Größe, welche selbst in der Dämmerung festzustellen war.
Ohne
irgendeine Türe geöffnet zu haben, befand ich mich urplötzlich in
einem Spiegelsaal.
Umgeben
von Wänden, allesamt aus Spiegelglas bestehend. All dies allerdings
immer noch in einem Park. Irgendwie erinnerte ich mich daran, dass
ich, ein Stück des Weges zurück, ein Schild gesehen hatte, worauf
EDEN stand.
Und,
obwohl ich mich dem Szenario näherte, befand ich mich bereits sowohl
neben mir, als auch vor mir, aber auch schon wieder hinter mir. Also
mittendrin.
Dann
eröffnete das vor mir sitzende ICH mit einem Schachzug das SPIEL.
Anstelle
einer Bauerneröffnung, zog ich das Wort ZWEIFEL mit einer
entsprechenden Bewegung vorwärts.
Mein
mir gegenüber sitzendes ICH erwiderte den Zug mit einem Zug des
GLAUBENS.
„Hättest
Du nicht zuerst den Zug des ZWEIFELS, sondern den des GLAUBENS
gemacht, dann wäre das Spiel bereits längst beendet“, warf mir
mein Gegenüber, mein eigenes ICH entgegen. „Dein Sieg stünde
schon fest, ehe Du den ersten Zug gemacht hättest, und wir müssten
keine weiteren Züge mehr machen.“
Durch
meinen Kopf schwirrten tausende von Wörtern und Gedanken. Ganze
Schachpartien, welche ich bereits schon einmal gespielt hatte, aber
auch Partien mit Zügen, welche ich bisher noch gar nicht kannte.
Aber
die Zeit, dabei klopfte ICH nach meinem letzten Zug auf die, an der
Seite des Spielfeldes stehende Schachuhr, welche WIR nach jedem
einzelnen Zug betätigten, die Zeit nötigte uns einen Zug nach dem
anderen ab.
Obwohl
das ganze Spiel bereits vor und seit Ewigkeiten gespielt und auch
gewonnen wurde. Bereits zu dem Zeitpunkt der Ewigkeit, als die Regeln
des Spieles entworfen und vorgeschrieben wurden.
Und
somit warst Du in diesem einen Spiel bereits Schach matt, ehe Du Dich
diese Nacht an den Tisch zu mir gesetzt hattest und das Spiel mit
Deinem ersten Zug begannst.
Aber es gab ja die Möglichkeit, eine neue Partie zu beginnen.
Und
weil ICH mir die ersten Züge der vorangegangenen Partie gemerkt
hatte, eröffnete ich nun mit einem völlig anderen Zug.
ICH
zog den GLAUBEN und damit setzte ich den ZWEIFEL schachmatt.
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