Plagiat hin oder her. Auch bei einem
Plagiat geht es in erster Linie zunächst „nur“ um Worte ... in
der Folge aber, was man daraus gemacht hat und vor allem damit und
dadurch in weiterer Folge erreicht wird, erreichen kann. Wer gemäß
der Promotionsordnung folgend eine eidesstattliche Versicherung
abgibt, muss demnach dann wohl auch gewissenhaft handeln.
In ihrer Dissertation schrieb Frau
Schavan über „Person und Gewissen – Studien zu
Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger
Gewissensbildung“.
Damit darf man wohl davon ausgehen und
dies auch genau so voraussetzen, dass sich Frau Schavan - als
ehemalige Ministerin für Kultus, Jugend und Sport, als aktuelle
Ministerin für Bildung und Forschung - eigenständig und
„gewissenhaft“ vor allem mit dem Thema Gewissen auseinander
gesetzt hatte. Erst recht dann, wenn, wie sie beteuert. nicht den
„Geist“ anderer für „ihre Arbeit“ bemüht habe. Wenn sie
weiß und wissen muss, wie sehr es auf einen Wortlaut, auf das eigene
Wort ankommt. Und auch erst recht dann, wenn man als
Honorarprofessorin katholische Theologie lehrt.
„Ich schäme mich nicht nur
heimlich“, so Frau Schavan. Vermutlich hat sich da das Gewissen in
ihr und ihrer Person gemeldet, aber eben nur im Bezug auf das
Handeln einer anderen Person.
Jetzt einfach mal davon abgesehen, dass
ihr die Uni, welche ihr den Dr.-Titel verliehen und nun auf Grund
eines vermuteten Plagiats wieder abgenommen hat. Wenn Frau Schavan
ihre Dr.-Arbeit selbst „erarbeitet“ hat, dann hat sie sich
demnach insbesondere mit dem Thema „Person und Gewissen“ - den
Voraussetzungen für eine Gewissensbildung - auseinander gesetzt.
Dann hat sie wohl auch selbst erkannt, ja gerade auf Grund ihrer
„eigenen“ Arbeit und Auseinandersetzung mit dem Thema „Gewissen“,
was damit und wie man sich darin ausdrückt. „Im gewissenhaften
Handeln verwirklicht sich der Mensch, ..... wobei es beim Gewissen um
das eigene Handeln und Unterlassen geht“ [[ Zitiert aus der
Studienarbeit von M. E. Rolf „Entfaltung und Bildung des Gewissens
im Jugendalter und die erzieherischen Rolle der Lehrkraft“]]
Und dann darf man sie wohl auch an ihre
eigenen Aussagen, welche sie im Zusammenhang mit der Plagiatsaffäre
des Herrn Guttenberg in einem Interview der SZ (
und hier habe ich mir ein paar Wortlautveränderungen – in rot,
kursiv und fett dargestellt - erlaubt) geäußert
hat erinnern und dann fragen, was ihr Wort gilt, was ihr Wort heute
gerade im Bezug auf Gewissensbildung wert ist.
Interview in der SZ vom 1. März
2011
Annette Schavan über das Plagiat einer Person mit Gewissen. (welches bei Menschen in einer christlichen Partei doch durchaus voraus zusetzen ist) "Ich schäme mich nicht nur heimlich"
Annette Schavan: Ja, das verstehe ich. Die Art der öffentlichen Debatte hat all jene verletzt, die für hohe Standards der Wissenschaft in Deutschland eintreten und sich in ihrer eigenen Arbeit darum bemühen.
SZ: Nach allem, was man weiß, haben .... XY nachweisbar abgeschrieben und kann ohne Widerspruch aus der Regierung behaupten, diese haben das alles nicht absichtlich gemacht. Glauben Sie das wirklich?
Schavan: Ich verstehe das so, dass Personen, die einen Schaden, wie er jetzt entstanden ist, nicht anrichten wollten.
SZ: Sind Sie der Meinung, da ist nicht aktiv getäuscht worden?
Schavan: Jedenfalls weiß ich, dass, wer viele Jahre an seiner Doktorarbeit sitzt, sich darin auch verirren kann.
SZ: Der Ärger unter renommiertesten Wissenschaftlern ist groß, weil der Eindruck entstanden ist, dass die Bundesregierung die zentrale wissenschaftliche Qualitätsauszeichnung - den Doktortitel - nicht als etwas ganz Besonderes verteidigt, sondern Verstöße gegen die Regeln wie eine lässliche Sünde behandelt.
Schavan: Ich habe ganz klar von wissenschaftlicher Integrität als einem hohen Gut gesprochen und davon, dass die Aberkennung des Titels richtig ist. Da kann niemand auf die Idee kommen, dass ich den Vorgang für eine Lappalie halte.
SZ: Sie betonen immer, Deutschland müsse in Bildung und Wissenschaft eine internationale Talentschmiede sein. Wie wollen Sie das noch glaubhaft vertreten, wenn der/ein Doktortitel so – durch die entsprechend verantwortliche gewissenhafte Ministerin - entwertet wird?
Schavan: Der Doktortitel ist nicht entwertet, er ist aberkannt. Das ist die Antwort der Wissenschaft auf die Analyse der Arbeit. Andere haben durch ihre Wortwahl den Eindruck erweckt, als müsse man das alles nicht so ernst nehmen. Weniger Lautstärke hätte der Glaubwürdigkeit gut getan. Wer Wissenschaft ernst nimmt, muss nicht gleich den Stab über den Plagiator/in brechen. Auch das ist eine Instrumentalisierung der Wissenschaft.
SZ: Der Nachfolger des Doktorvaters Guttenbergs, Oliver Lepsius, spricht offen davon, dass man einem Betrüger aufgesessen sei. Hat er Unrecht?
Schavan: Das weiß ich nicht. Die Universität .... hat angekündigt, dass sie weitere Vorwürfe überprüfen (und dann entscheiden wird, bzw. entschieden hat) wird. Das ist der richtige Ort: Die Uni muss entscheiden, ob sie von einer bewussten Täuschung ausgeht. Der Politik steht es gut an, sich in ein laufendes Verfahren nicht durch öffentliche Stellungnahmen einzumischen.
SZ: Ist die Uni – nun - ... schuld?
Schavan: . Auf die Erklärung, eine Arbeit sei nach bestem Wissen und Gewissen verfasst worden, muss ein Doktorvater vertrauen können."Auch ein intelligenter Mensch kann überfordert sein"
SZ: „Doktorand“ erklärt, er habe nicht bewusst Fehler gemacht. Kann man unbewusst eine Dissertation schreiben?
Schavan:
Nein, aber man kann damit überfordert sein, auch als intelligenter
Mensch. Ich habe beim Cusanuswerk viele Doktoranden begleitet und
weiß um viele Tücken auf diesem Weg.
SZ:
Die Regierung und die Union versuchen, den Wissenschaftler ......
zu ignorieren und
die
Minister
im Amt zu halten. Kann man Minister/in
in zwei Menschen aufteilen?
Schavan:
Nein, das kann man nicht. Wir wissen aber auch, dass dies nicht der
erste Fall ist, in dem jemand gute politische Arbeit leistet und
zugleich in einem anderen Bereich seines Lebens Schuld auf sich
genommen hat. Für einen Minister gilt das Gleiche wie für jeden
Menschen: Er hat eine zweite Chance verdient, zumal doch alle wissen,
dass er ein großes politisches Talent ist.
SZ: Der Eindruck ist, dass die
Kanzlerin und die Union so sehr zwischen den
Plagiatoren
und der Ministerin
trennen, weil sie sich angesichts deren
„Beliebtheit“
in der Bevölkerung nicht trauen, ihm gegenüber eine klare Haltung
des "So geht es nicht" auszusprechen. Können Sie
verstehen, dass das Wissenschaftler ......
schmerzt?
Schavan: .....
und andere Vertreter der Wissenschaft haben einen anderen Ton
in die Debatte gebracht. Da spricht niemand vom Rücktritt des/der
Ministers(in) und doch
wird in jeder Stellungnahme klar, dass die Wissenschaft sich eine
Bagatellisierung des Vorgangs verbittet.SZ: „Die Überprüften“ haben nicht an zwei, drei Stellen falsch zitiert. Sie haben das in Dutzenden von Fällen getan und dabei das geistige Eigentum anderer zum eigenen Nutzen verwendet. Schämen Sie sich heimlich für Ihren Kabinettskollegen?
Schavan: Als jemand, der selbst vor 31 Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich. Und das wird von Guttenberg – nach der aktuellen Situation erst recht - nicht anders gehen.
SZ: Die Kanzlerin wirbt weltweit für den Schutz des geistigen Eigentums. Mehr noch: Sie hat zum Welttag des Schutzes geistigen Eigentums erklärt, der Diebstahl geistigen Eigentums sei keine Bagatelle und Raubkopien seien kein Kavaliersdelikt. Gilt das nicht mehr?
Schavan: Das gilt. Raubkopien sind kein Kavaliersdelikt. Der Schutz des geistigen Eigentums ist ein hohes Gut.
SZ: Befürchten Sie nicht, dass Sie künftig bei derlei Versuchen auf – ihre Aussagen und Stellungnahmen im Bezug zu - Guttenberg verwiesen und verspottet werden?
Schavan: Nein, das befürchte ich nicht. Das Wissenschaftssystem in Deutschland ist auch deshalb so anerkannt, weil wir seitens der Politik die Souveränität und Selbstkontrolle der Wissenschaft achten. Das ist auch jetzt so. Das deutsche Wissenschaftssystem ist so effizient wie kein zweites auf der Welt. Der Wohlstand in unserem Land hängt eng mit wissenschaftlichem Fortschritt zusammen. Deshalb muss Vertrauen, das verloren gegangen ist, wiederhergestellt werden.
Die Zeit wird zeigen, ob Frau Schavan ihre „erste“ Chance nutzt, um eine „zweite Chance“ zu erhalten. Ob sie sich an ihren eigenen Worten messen lässt? Und diese Frage der Glaubwürdigkeit - nicht die Frage inwieweit und wie viel sie bei ihrer Dissertation evtl. unkenntlich abgeschrieben hat - ist entscheidend für eine „zweite Chance“. Und zwar wie bei jedem anderen Menschen auch. Aber selbstredend erst recht bei Menschen in entsprechender Position und Funktion.
Die Glaubwürdigkeit ist keine Frage von Titel, Position, Parteizugehörigkeit oder ähnlicher Kriterien. Glaubwürdigkeit ist in erster Linie eine Frage des eigenen Gewissens und damit das Thema von Frau Schavan.
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