- Spahn Jens
Sehr geehrter Herr Kroiss,
haben
Sie vielen Dank für Ihr Schreiben zum Thema Zuschussrente. Ich habe es
mit Interesse gelesen. Aufgrund der Vielzahl der Schreiben, die mich zu
diesem Thema erreicht haben, kann ich leider nicht in jedem Detail auf
Ihre Punkte eingehen. Seien Sie aber versichert, dass ich sie alle zur
Kenntnis genommen habe.
Der
vorliegende Vorschlag zur Einführung der Zuschussrente stellt das
jahrzehntealte Grundprinzip der Rentenversicherung in Frage. Unser
heutiges Rentensystem basiert auf dem Solidaritätsprinzip, das heißt:
Die arbeitende Generation von heute bezahlt auch die heutige Rente.
Aufgrund des demographischen Wandels wird es für die wenigen jungen
Menschen von morgen immer schwieriger die Rente der vielen älteren
Menschen zu finanzieren.
Außerdem
unterliegt sie dem Äuquivalenzprinzip. Das wiederum heißt, die
Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung in Deutschland richten
sich grundsätzlich nach der Höhe der gezahlten Beiträge. Durch das
System der so genannten Entgeltpunkte wird pro Jahr ein bestimmter
Rentenanspruch erworben, der sich an der relativen Einkommensposition
des Versicherten orientiert. Mit der Einführung der Zuschussrente würde
dieses Prinzip außer Kraft gesetzt. Die Zuschussrente, wie sie derzeit
geplant ist, führt zudem zu einer milliardenschweren finanziellen
Mehrbelastung der Rentenversicherung. Damit wird das gesetzlich
festgelegte Ziel, den Rentenbeitragssatz bis 2030 auf höchstens 22
Prozent zu begrenzen, ernsthaft gefährdet. Heutige und künftige
Beitragszahler würden zusätzlich belastet werden, obgleich diese jetzt
schon überproportional viel und länger – das Renteneintrittsalter steigt
bis 2031 proportional auf 67 Jahre – Beiträge zahlen müssen.
Wer
Beiträge bezahlt, erwirbt Ansprüche, aus denen sich die Höhe der Rente
ergibt. Im Endeffekt würde die Finanzierung der Zuschussrente bedeuten,
dass die rentenversicherungpflichtigen Bürgerinnen und Bürger einen
höheren Beitrag - nämlich vom Bruttolohn – zahlen müssen, um das
Vorhaben zu finanzieren. Das halte ich für falsch, denn damit wird die
immer kleiner werdende Mittelschicht noch stärker belastet. Rente ist
keine Sozialleistung. Eine Mindestsicherung im Alter muss meines
Erachtens steuerfinanziert sein und darf nicht überwiegend aus
Beitragsgeldern mitfinanziert werden. Eine klare Trennung zwischen
Steuern und Abgaben stärkt zudem das Vertrauen in unser Rentensystem.
Um
dennoch eine flächendeckende Altersarmut zu verhindern, wurden im Zuge
der Rentenreformen 2002 und 2004 die Lebensarbeitszeit verlängert und
das Rentenniveau gesenkt. Gleichzeitig wurden staatliche Fördermaßnahmen
eingeführt, mit denen der Aufbau einer individuellen ergänzenden
kapitalgedeckten Altersvorsorge subventioniert wird. Damit soll gezielt
auch Arbeitnehmern mit niedrigen Einkommen der Aufbau einer
kapitalgedeckten Zusatzvorsorge ermöglicht werden. Sofern Versicherte
diese Förderung nutzen, wird – nach den Berechnungen der
Bundesregierung, wie sie im Rentenversicherungsbericht 2011
veröffentlicht wurden – im Alter zwar ihr Rentenniveau geringer, das
Niveau ihrer Alterseinkünfte aus gesetzlicher Rente und Zusatzvorsorge
insgesamt aber sogar höher ausfallen als heute.
Wir
als Junge Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, haben daher
vorgeschlagen, die kommende Beitragssenkung von 19,6 Prozent auf 19,0
Prozent zumindest teilweise auszusetzen, um eine größere Rücklage in den
sozialen Sicherungssystemen aufzubauen, denn nur so können Äquivalenz-
und Solidaritätsprinzipien auch für kommende Generationen gewährleistet
werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Position nun ausreichend darlegen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Jens Spahn MdB
----
Jens Spahn MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Tel.: 030/2 27 - 7 93 09
Fax : 030/2 27 - 7 68 14
E-Mail: jens.spahn@bundestag.de
Web: www.jens-spahn.de
Informiert bleiben:
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen