Samstag, 10. Dezember 2011

„Alles was recht ist“ ... und was alles Recht ist

( oder der häufig propagierte „freie Wille“)
1. Teil


Wie der Titel dieses Themas schon andeutet, befasst es sich mit einer häufig und leichtfertig angewandten umgangssprachlichen Redewendung, ohne dass wir uns genauer mit der tatsächlichen Aussage dahinter beschäftigen. Im gedankenlosen dahin sagen der Redewendung „Alles was recht ist“, ohne uns dessen bewusst zu sein, dass diese Redewendung genauso gut heißen könnte „Was alles Recht ist“ bleibt der Sinn einer derartigen Aussage solange verborgen, bis man sich mit der Primär Aussage, nämlich dem „was Recht an sich ist“ befasst.

Mehrere diverse und unterschiedliche, auch von mir persönlich erlebte „Gerichtsprozesse“, die derzeitige Finanz- und nachfolgende Wirtschaftskrise haben mich veranlasst, mich mit diesem Thema ein wenig mehr auseinander zu setzen.
Bei der Finanz- und Wirtschaftskrise wird derzeit nach Schuld und Schuldigen gesucht. Und Schuld und Unschuld ist immer auch eine Frage und die Auslegung von Recht und Unrecht. Als primäre Ursache für diese – oder sollte man nicht richtiger weise sagen, für alle - Krise/n erklärt und hört man als häufigste Antwort, dass es sich hierbei um eine Vertrauenskrise handelt. Es fehle am nötigen Vertrauen.

Vertrauen in was und in wen?

Leben an sich ist eine Frage des Vertrauens. Vertrauen ist andererseits aber auch eine Frage des Glaubens (also des Nichtwissens, der noch fehlenden Erkenntnis) und setzt also zunächst ein „blindes“ Vertrauen voraus. „Blindes“ Vertrauen wiederum setzt aber eigene Verantwortung im Bezug auf den Glauben, das Geglaubte voraus. Über den Glauben, das Vertrauen und die Wahrnehmung von Verantwortung gelangt man zur Unterscheidung und damit zur Erkenntnis, dem Bewusstsein darüber, was Leben an sich ist und worin es sich gründet. Damit ist „blindes Vertrauen“ und der Glaube - wenn auch erst im Nachhinein - gerechtfertigt und bestätigt. Und erst über diese Erkenntnis gelangt man dann auch zu einem wahren, wahrhaften – sich in der Erfüllung rechtfertigendes - Rechtsbewusstsein und Rechtsverständnis.

Aber wo, bei wem und mit was beginnt man, wenn man sich mit Schuld, Vertrauen, Recht und Gesetzen, Verantwortung und Glauben auseinander setzt? Seit wann gibt es Recht und Gesetz und damit eine tatsächlich wahrnehmbare – und nicht mehr nur blind geglaubte – Verantwortung? Und wem oder was gegenüber nimmt man diese dann wahr?

Gab es bereits Recht und Gesetz im „Paradies“, dem Garten Eden - sofern dieses tatsächlich einmal existiert haben sollte - und damit dann auch ein „göttliches Recht“? Wie äußerte sich Recht und Gesetz in „gottlosen“ Zeiten, wodurch zeichneten diese sich in ihrem Rechtsverständnis aus? Oder gab es überhaupt jemals „gottlose“ Zeiten?

Fragen über Fragen. Und dennoch, wenn man sich mit diesem Thema beschäftigt, lässt sich zweifelsfrei feststellen, das Recht und Gesetz in unterschiedlichsten Formen seit Menschengedenken existieren. Dass seit Anbeginn der Menschheit Glauben und Vertrauen als die Überlebens- und Fortschrittsstrategie und für die weitere Entwicklung der Menschheit im alltäglichen Dasein „(über)lebensnotwendig“ war und ist.

Galt eine lange Zeit bei den Menschen per se auch das Recht und Gesetz des Stärkeren (wobei ich mir gar nicht sicher bin, ob dies nicht noch immer genauso der Fall ist, wenn auch nur mit anderen Mitteln, Möglichkeiten und „Waffen“), war also direkt mit Stärke und Macht verbunden, aber auch mit „geheimen und höheren Mächten“, also absolut nicht „gottlos“, kam mit dem Wort (z. B. in Form der „10 Gebote“ Gottes an Moses übergeben, lt. Bibel) und der Sprachfindung bei den Menschen die Ausformung des Rechtes und der Gesetze in Form von Regeln und Paragraphen. Hervorgehend aus den diversen Formen von Moral und Ethik, welche zunächst ja auch „nur“ als moralisch und ethisch geglaubt und dann mit Verantwortung wahrgenommen werden konnten. Auch hierbei stellte und konnte sich auch nur im Nachhinein die Richtigkeit oder auch Falschheit des Geglaubten einstellen. Im Laufe der Jahrtausende erfuhr Recht ständig Änderungen und Anpassungen in Form von jederzeit veränderbaren Gesetzen und Paragraphen. Und jeweils nach Form der geltenden – geglaubten und als verantwortbar wahrgenommenen - Moral, Ethik und der Gesellschaftsentsprechung wurde das Gesetz und damit das Recht „geformt“.

Aber der Reihe nach. Vielleicht sollten wir zunächst einfach mal den Begriff „Recht“ betrachten, wie dieser im Lexikon oder unter Wikipedia definiert wird:


Recht gemäß Lexika:

Allg.: R. ist ein Sammelbegriff für alle Ordnungssysteme, deren Ziel es ist, das Zusammenleben in einer Gesellschaft verbindlich und auf Dauer zu regeln bzw. soziale Konflikte zu vermeiden. Es wird zwischen dem (auf Traditionen beruhenden, ungeschriebenen) Gewohnheits-R. und dem (staatlich festgelegten) gesetzten R. Unterschieden.

Spez.: 1) Als objektives R. wird ein System zeitlich und räumlich tatsächlich geltender und garantierter Rechtsnormen bezeichnet. Gegenüber der o.a. allgemeinen Bedeutung von R. handelt es sich bei objektivem R. um (i. d .R. staatlich) erzwingbares, d.h. mit legitimer Zwangsgewalt versehenes R. Dieses vom modernen (Daseins- und Vorsorge-)Staat garantierte R. schafft eine Rechtssicherheit, die einerseits immer komplizierter wird und mehr und mehr Lebensbereiche umfasst (Verrechtlichung), andererseits trotzdem in einem dauernden Spannungsverhältnis zum Prinzip der Gerechtigkeit steht.
2) Als subjektives R. werden die gesetzlich geschützten individuellen (Bürger-) Rechte bezeichnet.

3) Als materielles R. werden alle Rechtsnormen bezeichnet, die sich auf das Verhältnis zwischen den Individuen und zwischen Individuum und Staat beziehen. Demgegenüber steht das formelle R., das sich mit dem Verfahren (der Art und Weise, wie materielles R. durchgesetzt wird)beschäftigt.

4) Als zwingendes R. werden unabänderliche Rechtsnormen, als dispositives (nachgiebiges) R. solche Rechtsnormen verstanden, die nur gelten, wenn zwischen den Beteiligten nichts anderes (vertraglich) vereinbart wurde.

Recht nach Wikipedia:

Das Recht im Sinne herrschaftlicher Rechtsordnungen mit gesetzgebender Institution wird allgemein als objektives Recht bezeichnet. Als solches besteht es aus der Gesamtheit der Normen, die nach ihrem nationalen oder internationalen Geltungsbereich in Rechtssysteme und das global geltende Völkerrecht eingeteilt sind.
Die Jurisprudenz, besonders die Rechtstheorie, unterteilt diese Rechtssysteme des objektiven Rechts wiederum in Rechtsgebiete, die nach methodischen Gesichtspunkten in die drei großen Bereiche des öffentlichen Rechts, Privatrechts und Strafrechts, nach sachlichen oder inhaltlichen Gesichtspunkten in methodenübergreifende Rechtsgebiete wie das Verkehrsrecht, das Wirtschaftsrecht oder das Baurecht gegliedert werden.
Aus den Normen des objektiven Rechts ergibt sich für die Normadressaten im Einzelfall eine Berechtigung (subjektives Recht), wie etwa das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Eigentumsrecht, ein Anspruch (zum Beispiel eines Verkäufers auf den Kaufpreis) oder das Recht, von einem Vertrag zurückzutreten.
Zur Ermittlung des geltenden Rechts ist von Rechtsquellen auszugehen. Die wichtigste Quelle des objektiven Rechts ist heute das Gesetz.
Selbst das Präjudiz aus dem Case Law (Richterrecht) des anglo-amerikanischen Rechtskreises wird dort immer mehr vom förmlichen Gesetzesrecht (Statutory Law) abgelöst. Das auch im Völkerrecht geltende Gewohnheitsrecht füllt als ungeschriebene Rechtsquelle Lücken in den gesetzlichen Regelungen.
Ob es über dieses positive Recht hinaus weitere Rechtsquellen gibt, ist in der Rechtswissenschaft umstritten.

Die rechtsphilosophische Richtung der Naturrechtslehre stellt dem positiven Recht ein überpositives Recht gegenüber, ein ewig gültiges, dem menschlichen Einfluss entzogenes Recht, das seine Gültigkeit von der Natur des Menschen oder einer höheren Macht (Vernunft, Natur oder Gott) ableitet und nicht legitim durch staatliche Gesetzgebung geändert werden kann.
Im Gegensatz zu Moral und Sitte sieht das Recht – vor allem das Strafrecht – staatliche Sanktionen für den Fall vor, dass Verhaltensregeln nicht eingehalten werden. Je nach Gesellschaftsordnung und politischer Auffassung überschneiden sich Recht, Moral und Sitte unterschiedlich stark.

Dies sind Definitionen und Begriffe von Recht, wie wir sie heute als so genannte zivilisierte und demokratische Gesellschaft kennen und auch anerkennen. Worauf sich unser Verständnis von Moral und Ethik und umsetzbare Verantwortung bezieht. Und nicht nur die Definitionen, sondern die Ausführungen belegen, wie unklar und unterschiedlich Recht und damit auch Gerechtigkeit verstanden und ausgelegt werden kann.
Recht und damit Gerechtigkeit (als Grundlage eines „ausgewogenen“ Lebens) an sich aber ist unabhängig und völlig wertneutral. Unabhängig von materiellen Werten, von Äußerlichkeiten, von Menschen. Menschen aber sind abhängig vom Recht und vor allem der/einer Gerechtigkeit (welche eben nicht unklar und unterschiedlich ausgelegt und gehandhabt werden kann, weil sonst das Leben an sich ins Ungleichgewicht käme) an sich, von einem Rechtsverständnis und damit von Rechtsauslegern, dem Umgang mit selbigen und wie es im Umgang miteinander angewendet wird.
Rechtsauslegungen aber sind das – stets geprägt durch das in sie gesetzte Vertrauen - Resultat einer „Erkenntnis- und Fortschrittsbildung“ (und letztlich auch die Suche nach „der“ Gerechtigkeit des Lebens), welche sich aber erst über Jahrtausende hinweg so „bildeten“, wie wir diese heute vorfinden.
Aber welche Definitionen und Begriffe hatten die ersten Menschen von Recht und Gerechtigkeit, ohne Sprache und Worte, also ohne jegliche Möglichkeit, Ethik und Moral in Regeln und Gesetzen auszudrücken? Wer „bestimmte“ was Recht war und ist, solange es kein – durch Götter, Religionen, Wissenschaften oder Philosophien gedeutetes und ausgelegtes - Rechtsbewusstsein, sondern „nur“ die Evolution gab?
Nach der Erkenntnistheorie Darwins über die Evolution gab und gibt es nur das Recht des Stärkeren. Ohne Frage nach Ethik, Moral, Verantwortung, Sinn oder Gerechtigkeit, also ohne jegliches Rechtsbewusstsein: Sondern es war nur eine Frage des überlebens. Wer stärker war überlebte, hatte die Macht über den „Schwächeren“ und hatte damit recht (und zwar nach seiner eigenen Auslegung, welche ihren Ausdruck eben nur in der Kraft und Macht des Stärkeren hatte) und übte damit sein Rechtsverständnis, seine – auch als gerecht empfundene - Gerechtigkeit aus.
Und somit war und ist Recht, auch in seiner Umsetzung primär ein Akt der Gewalt. [[ Die Verwirklichung des Rechts ist ursprünglich ein Akt der Gewalt. Vgl. „Zur Entwicklung von Rechtsbewusstsein“ S. 29; Prof. Dr. jur. Ernst-Jochaim Lampe ]]
So gab es für die ersten Menschen, welche noch geschichts-, sprach- und gottlos waren, keine andere oberste Instanz, als die eigene Stärke, Emotion und Moral, respektive das eigene Gewissen, also eine „innere“ Stimme, bzw. das, was diese dafür hielten, ohne zu genau zu wissen, was dieses eigentlich sei und woher es kam.
Aber genau dieses „Gewissen“, diese „innere“ Stimme war und ist als die Ursache, der absolute Grund für die Bedeutung und Beleuchtung von Recht und Gerechtigkeit und dessen Auslegbarkeit ein ganz wesentlicher Baustein.
Erst mit der Sprachfindung, dem Glauben an Götter und damit den Religionen, in der Folge den Wissenschaften, dem verkündetem und ausgelegtem Wort (dem damit auch verbundenen Streit der Wissenschaften – also der Ausleger - untereinander) bekam Recht und Gerechtigkeit, ein auslegbares „erstes“ Bewusstsein, einen „auslegbaren“ - weil streitbaren - Sinn. Und es fanden sich immer auch genügend „Ausleger“, Rechtsgelehrte, Heilsverkünder, Wissenschaftler und Gerechtigkeitsfanatiker. Und jeder glaubte und behauptete auch, die Wahrheit zu kennen und damit auch das Recht auf seiner Seite zu haben. So ist insbesondere auch „die Wahrheit“, der Umgang mit selbiger ebenfalls ein wesentliches Merkmal des Rechts und der Gerechtigkeit. Und auf einmal wurde das Wort zu einer „Waffe“ und auch „Macht“ und übte nun Gewalt über diejenigen aus, welche nicht des Wortes und der Sprache kundig waren. Und deshalb von den Auslegern und Verkündern (den Schriftgelehrten und Pharisäern) und deren Rechtsverständnis und Gerechtigkeitsempfinden abhängig.
Dass die Sprachfindung und das damit verbundene Wort allerdings kein Garant für ein absolutes Recht (oder „die“ Wahrheit) und damit für Gerechtigkeit waren und sind, sondern nur für eine entsprechende Auslegung, ein – dieser Auslegung folgend - entsprechendes Rechtsbewusstsein; dafür ist u. a. Deutschland ein sehr gutes Beispiel. Eine Sprache, ein Land – allerdings über Jahrzehnte hinaus geteilt durch ein unterschiedliches Gesellschaftssystem und im späteren Geschichtsverlauf durch eine Mauer -, zweierlei Rechte, ein unterschiedliches Rechtsverständnis, Rechtsbewusstsein und damit verbunden die verschiedensten Gesetzesauslegungen und Rechtsprechungen und auch „Wahrheiten“. Und beide Systeme beriefen sich auf „ihre Verantwortung“, ihr Rechtsverständnis, ihre Wahrheit und forderten die Menschen auf, dieser ihrer Verantwortung nachzukommen.
So ist mit dem Fall der Mauer nicht nur eine materielle Grenze gefallen, sondern auch ein ganzes Rechts- und Gesetzessystem. Ein Bewusstsein, welches zu entsprechenden Erkenntnissen führte und damit auch in einem scheinbar in sich logischem Rechtsbewusstsein seine „eigene Rechtsstaatlichkeit“ begründete . Denn was „gestern“ noch Recht war, ist heute Unrecht. Und „Landsleute“ richten über die Vergehen und den Rechts- und Gesetzesbruch ihrer „Landsleute“ im anderen Teil Deutschlands. Über deren bisheriges Bewusstsein, deren Moral und Ethik, deren Verantwortungsbewusstsein und letztlich deren Erkenntnisse von Recht und Gesetz. Bedeutet eine Sprache auch zugleich eine Erkenntnis, ein Bewusstsein, ein Gesetz und ein Recht?! Ein und dasselbe Rechtsverständnis. Dieselbe Erkenntnis und das gleiche Bewusstsein von „Gut und Böse“, von Moral und Ethik, von Recht und Gesetz, von Unrecht und Gesetzlosigkeit, von Gewissen und Verantwortung, „die“ Wahrheit“?!
Nein, die jeweilige Auslegung - selbst mit derselben Sprache - macht das Recht „biegsam“ und formbar. Womit Recht nicht gleich Recht ist, selbst wenn Recht und Gesetze in derselben Sprache verfasst und erlassen werden. Womit auch deutlich wird, dass Recht und Gesetz auch keine Frage der Sprache, des Sprachverständnisses ist und auch keine Frage der ethnischen Herkunft. Recht und Gesetz wird von Menschen für Menschen „erkannt“ und ausgelegt und in entsprechenden Regelwerken ausgelegt und niedergeschrieben und als allgemein verbindlich geltend gemacht.

Allgemeines zum Recht und Bewusstsein

Ein prägendes, grundsätzlich kennzeichnendes Merkmal von Recht und Rechtssprechung war und ist, dass man dem Recht und dessen Vertretung - selbst in früh geschichtlichen Zeitaltern ( auch in den frühesten Zeiten schriftloser Völker und Kulturen, wie uns dies auch die überlieferte Geschichte lehrt ) - eine scheinbar eigenständige Unabhängigkeit durch die „Berufung“ absolut vertrauens- und glaubwürdiger Personen in Form von Rechtssprechern und Richtern – also eigentlich Rechtsvertretern - geben wollte und will.
Man schuf sich also den „primus inter pares“ - in der Frühzeit menschlicher Geschichte waren dies u. a. sogenannte Zauberer, Schamanen, Medizinmänner etc., als Pendant zum Priester -; also ein Mitglied einer Gruppe, welches dieselben Rechte und Pflichten hat, wie alle anderen auch, aber trotzdem eine „erhöhte Ehrenstellung“ (weil er wohl als gerechter als der gerechteste unter seinesgleichen galt) genießt.
Diese „erhöhte Ehrenstellung“ zeichnet sich in der Rechtssprechung – nach wie vor und zwar bis heute - schon in der äußerlichen Darstellung darin aus, dass Richter und die, das Recht Sprechenden (wobei diese Verkünder und Ausleger letztlich „nur“ Urteile verkünden) „erhöht“ - z. B. auch wie Priester von ihrer Kanzel - von oben herab ( also einer überhöhten Position, als Ausdruck ihrer „Überlegenheit“ ( oder ist es in Wahrheit nur Überheblichkeit), mit und zu den Beteiligten eines Rechtsstreites, bzw. zu den zu Belehrenden sprechen.
Bevor ich jetzt aber ins Detail gehe, sei mir die Anmerkung erlaubt, dass ich die „Geschichte“ des Rechts, also die Zeit bevor der Mensch Wort und Schrift als Kommunikationsmittel benutzen konnte und auch benutzte, nur skizzenhaft überfliegen werde. Denn die Vergangenheit – auch die der Gesetze und des Rechts - lässt sich nur anhand von massenhaften Recherchen, wälzen von Büchern und durchforsten des Internets auflisten. Dies erspare ich mir aber, denn dies kann jeder Interessierte ja selber ebenso nachvollziehen.
In erster Linie werde ich mich mit der aktuellen Rechts- und Gesetzesauslegung, der „Gewaltenteilung“ – evtl. auch anhand von aktuellen Beispielen und Beiträgen hierzu – befassen. Allerdings lassen sich in einer Gesamtbetrachtung dieses Themas wohl Abschweifungen auch in die Vergangenheit und „Nebenschauplätze“ nicht vermeiden.
Um Recht – in welcher Form auch immer – zu verstehen, ist ein Rechtsbewusstsein notwendig. Da Bewusstsein aber ein Entwicklungsprozess ist, erfährt das Recht – auch über die zunehmenden Erfahrungen eines philosophischen Erkenntnisprozesses – eine ständige Veränderung, auch von Rechtsbewusstsein und macht so einen fortlaufenden Entwicklungsprozess durch.
Dazu müssen wir uns allerdings zunächst einmal mit der Entwicklung des Bewusstseins und dem, was Bewusstsein ist beschäftigen.
Schauen wir also zunächst, woher der Begriff Bewusstsein stammt, was damit an sich gemeint sein könnte und was er aussagt:

Bewusstsein (lat. conscientia „Mitwissen“ und agr. συνείδησις syneidesis „Miterscheinung“, „Mitbild“, „Mitwissen“, συναίσθησις Mitwahrnehmung und φρόνησις von φρόνειν bei Sinnen sein, denken) ist der Besitz und die Empfindung mentaler Zustände wie Wahrnehmungen, Erinnerungen und anderer Vorstellungen,[1] Gedanken aller Art und Formen wie Überlegungen, Beurteilungen, Einschätzungen und Bewertungen, Planungen oder Konzeptbildungen einschließlich der dazu nötigen Aufmerksamkeit oder Achtsamkeit.
Das Phänomen des Bewusstseins gilt als eines der größten ungelösten Probleme von Philosophie und Naturwissenschaft, während es im Bereich der Psychologie in Ansätzen eine gewisse Klärung erfahren hat. (entnommen aus Wikipedia)

Wahrhaftes Bewusstsein setzt demnach also dann ein „Wissen, Mitwissen“, eine „Erinnerung“, „Wahrnehmung“ (an was, woran?!), also Erkenntnis (bei Sinnen sein) als Grundlage für eine wahrhafte und gerechte – und damit erst die Möglichkeit für Gerechtigkeit an sich – Erkenntnis voraus.

Von daher setzt ein wahrhaftes Rechtsbewusstsein zunächst auch den begangenen Rechtsbruch (als Unterscheidungsmöglichkeit) voraus. Auch deshalb war und ist Recht in seiner – noch unterschiedslosen - Umsetzung zuerst und primär ein „Akt der Gewalt“.

Nehmen wir als ein (allerdings die Welt sehr prägendes) Beispiel das Wortes Gottes, wie dieses in der Bibel niedergeschrieben und dargelegt ist; den Schöpfungsablauf und den „paradiesischen Urzustand“ von Leben und Recht, welches eine einzige, erste „Regel, Vorschrift, also ein göttliches Gesetz/Recht“ - nämlich das Wort Gottes – beinhaltet und in welchem der Machtwillen eines Gottes (in Wahrheit der Lebenswillen) zum Ausdruck kommt:

Wird nicht hier bereits deutlich, worin sich der „Akt der Gewalt“ ausdrückt?! Nämlich in dem Willen, etwas schaffen zu wollen, von dessen Ausgang selbst der „Schöpfer“ noch keinerlei Bewusstsein oder Erkenntnis hat, sondern erst im „Nachhinein“, nach dem Ausdruck des Willens, den Glauben daran und dessen Umsetzung die Erkenntnis zu erlangen ist, dass das Geschaffene tatsächlich dem eigenen Willen entspricht und auch genauso umsetzbar ist.

Dieser „Schöpfungsablauf“ und das damit verbundene, zu erlangende „Bewusstsein“, die Erkenntnis - bzw. das erst noch in Wahrheit und damit der Unterscheidung dienend, also der tatsächlichen Erkenntnis dienstbare - ist gerade in der Schöpfungsgeschichte der Bibel eigentlich sehr klar und deutlich dargelegt:




Wenn das Leben also eine „Rechtssache“ ist – basierend auf einem ihm innewohnendem Recht und damit einer an sich bereits vorhandenen wahrhaften Gerechtigkeit ist (und die Gerechtigkeit – als Balance des Lebens - damit eigentlich gar kein zu suchendes Ziel ist, sondern nur erkannt werden muss ); dieses gerechte Lebensrecht auf Gesetzmäßigkeit/en dieser absoluten Lebensgerechtigkeit, also einem - ihm innewohnenden Recht - mit dieser an sich bereits vorhandenen Gerechtigkeit beruht, dann führt das Übertreten, das Brechen dieser Gesetzmäßigkeit, dieses (Lebens)Rechts zu einer Ungerechtigkeit, einem „anderen Rechtsbewusstsein und -verständnis“. Und erst diese Ungerechtigkeit (und der Vollzug in der/den Tat/en, dieses „Rechtsverständnis“) führt zur Unfreiheit, zu Abhängigkeit und es herrscht ein (scheinbares) Recht (auch des „freien Marktes), welches nun sowohl Gerechtigkeit, Gleichheit, als auch Freiheit nach „eigenem Verständnis“ definiert! Dies ist dann wohl auch die „Vertreibung aus dem Paradies“, wie es die Bibel gleichnishaft beschreibt.
Und genau diese unbedingt notwendige Voraussetzung des „Rechtsbruchs“ - also die „Vertreibung aus dem Paradies“ und damit zum ersten Mal erkennbare Unterscheidungsmöglichkeit führt erst zu dem absolut freien Willen, welchen man den Menschen mit Aussagen wie „Jeder ist seines Glückes Schmied“ immer unterstellt. Um aber „der Schmied“ meines eigenen Glückes werden zu können, bedarf es eben der „Wahlmöglichkeit“, welche eine bewusste und damit selbst gewollte Unterscheidung voraus setzt. Also auch der Anwesenheit von Unglück (als „Strafe“, wie dies ebenfalls in der Bibel beschrieben wird. Als Strafe der Übertretung eines „wesentlichen“ Gebotes Gottes, bzw. des Lebens).
Aber um es hier gleich vorweg zu sagen: damit ist weder der „Strafprozess“, noch die Rechtslage endgültig geklärt und abgeschlossen. Im Gegenteil: der „Strafende“ gibt in der Folge den „Weg“ bekannt, welcher und wie zu erreichend eine Umkehr und damit Rückkehr ins „Paradies“ möglich ist. Denn dies erfordert schon „sein“ eigenes Rechts - und Gerechtigkeitsverständnis. Sein „eigenes Gewissen“.
Kann man aber bewusst wollen, was man nicht unterscheiden kann und (noch) gar nicht kennt?! Wenn die Erinnerung an das, was einem nicht bewusst ist fehlt?! Wie kann man sich an etwas nicht bewusstes erinnern? Erinnerung setzt ein bewusstes Wissen an das voraus, woran man sich erinnert. Man kann sich doch nur an einen Ort erinnern, an welchem man schon mal war? An ein Ereignis, an welchem man teilgenommen hat?Unbewusstes Handeln, nicht Bewusstsein, fehlende Erinnerung kann und ist doch keine Voraussetzung für einen freien Willen! Solche „Umstände“ führen selbst in der gesellschaftlichen Rechtssprechung zu „mildernden Umständen“ bei der Strafe.

Hier füge ich gerne einen Ausschnitt einer Rede von Octavio Paz, dem Preisträger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels auf dem Jahre 1984 an, in welcher der Preisträger sehr deutlich von der „Rückkehr zur Unschuld“ spricht.
Zitat aus der Dankesrede:
[[ Der erste wirklich historische Bericht unserer religiösen Tradition ist die Geschichte der Ermordung Abels durch Kain. Mit dieser schrecklichen Begebenheit beginnt unser irdisches Leben; was im Garten Eden geschah, geschah vor der geschichtlichen Zeit. Mit dem Sündenfall wurden die beiden Kinder der Sünde und des Todes geboren: die Arbeit und der Krieg. Es begann die Verdammung, es begann die Geschichte. In den anderen religiösen Traditionen gibt es Berichte, die Ähnliches besagen. Insbesondere der Krieg wurde immer mit Schrecken gesehen, selbst bei jenen Völkern, die ihn als Ausdruck des Streits zwischen übernatürlichen Mächten oder kosmischen Prinzipien begreifen. Ihn fliehen heißt, unserer menschlichen Natur zu entrinnen, über uns selbst hinauszugehen oder, besser gesagt, wieder der zu werden, der wir vor dem Sündenfall waren. Darum zeigt uns die Tradition ein anderes Bild, die strahlende Kehrseite dieser düsteren Sicht des
Menschen und seines Schicksals: Im Schoße der versöhnten Natur, unter einer gnädigen Sonne und mitleidigen Sternen leben Männer und Frauen in Muße, Frieden und Eintracht. Die natürliche Harmonie zwischen allen Lebewesen - Pflanzen, Tiere, Menschen - ist das sichtbare Bild der geistigen Harmonie. Der wahre Name dieser kosmischen Eintracht ist Liebe; ihr unmittelbarster Ausdruck ist die Unschuld: Männer und Frauen gehen nackt. Sie haben nichts zu verbergen, sie sind weder Feinde, noch fürchten sie einander: Die Eintracht ist die allgemeine Transparenz. Der Friede war eine Dimension der Unschuld des Anfangs, vor Beginn der Geschichte. Das Ende der geschichtlichen Zeit wird der Beginn des Friedens sein: das Reich der wiedererlangten Unschuld
Viele philosophische und politische Utopien haben sich von dieser religiösen Vision inspirieren lassen. Wenn die Menschen vor der geschichtlichen Zeit gleich, frei und friedfertig waren, wann und wie begann das Übel? Wir können das nicht wissen, es ist jedoch zu vermuten, dass die blinde Bewegung, die wir Geschichte nennen, durch einen Akt der Gewalt ausgelöst wurde. Die Menschen hörten auf, frei und gleich zu sein, als sie sich einem Führer unterwarfen. Wenn der Anfang der Ungleichheit, der Unterdrückung und des Krieges die Herrschaft weniger über viele war, wie sollte man in der Macht nicht den Ursprung und die Ursache der Ungerechtigkeiten der Geschichte sehen?
Nicht in der Macht dieses oder jenes Fürsten, der eine mild, der andere tyrannisch, sondern in dem Prinzip selbst und in der Institution, die es verkörpert: im Staat. Nur dessen Abschaffung könnte der Knechtschaft der Menschen und dem Krieg zwischen den Nationen ein Ende machen. Die Revolution wäre die große Wende der Geschichte oder, in religiösen Begriffen, die Wiederkehr der ursprünglichen Zeit: die Rückkehr zur Unschuld des Anfangs, in dessen Schoß die individuellen Freiheiten sich in gesellschaftliche Eintracht auflösen. ]]

Besser, wie es hier Octavivo Paz beschreibt, kann man dies gar nicht ausdrücken. Erst mit „der Rückkehr zur Unschuld des Anfangs, in dessen Schoß die individuellen Freiheiten sich in Eintracht auflösen“ - also der Erinnerung, der Erkenntnis woher man kommt, dem Bewusstsein – wird Recht als das verstanden werden, was es ist: nämlich Leben, wie es gerechter nicht sein kann.






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