Ein flackerndes Kerzenlicht erhellt den Raum. Darin befindet sich ein kleiner, mit Liebe gedeckter Tisch. Eine einfache, aber dennoch schmucke Tischdekoration ergänzt den festlichen Eindruck. Die zwei Gedecke deuten an, dass sich hier in Kürze zwei Personen auf einen angenehmen Abend vorbereiteten.
Dann betritt ein Mensch dieses Esszimmer, denn es musste sich um ein Esszimmer handeln, wie es den Anschein hatte. Im selben Augenblick, als er auf dem einen Stuhl am Tische Platz nahm, setzte sich auch ihm gegenüber ein Mensch nieder. Der Bewegungsablauf des Gegenüber glich haargenau den Bewegungen, welche der gerade eingetretene Mensch, während er sich setzte, machte. Zeit vergeht, Stunde um Stunde, die Kerze, welche dem Tisch wohl ein wenig mehr an Romantik verleihen sollte, brannte immer weiter nieder und die Zeit verging.
Bei dem zuerst Eingetretenen machte sich schön langsam ein Gefühl des Hungers breit. Während er sich im – vom Kerzenlicht ein wenig erhellten - Halbdunkel, welches wohl auch ein klein wenig Romantik verbreiten sollte, umsieht, bemerkt er aus den Augenwinkeln, dass sich auch sein Gegenüber im Raum umsieht. Auch dieser macht den Eindruck, als machte sich bei ihm ebenfalls ein Hungergefühl bemerkbar.
Zeit vergeht, Tag um Tag. Die wievielte Kerze inzwischen abgebrannt ist, lässt sich nicht mehr nachvollziehen.
Der zuerst Eingetretene denkt bei sich: „jetzt ist aber schon eine geraume Zeit seit meiner Bestellung vergangen. Das göttliche Menü müsste doch längst zubereitet und serviere fertig sein?“
Seinem Gegenüber scheint es ähnlich zu ergehen. Auch dieser ist wohl in Gedanken versunken bei seiner Bestellung.
Und die Zeit vergeht weiter. Woche um Woche, Monat um Monat.
„Meine Bestellung muss doch längst angekommen sein“, denkt der Wartende. Ich habe diese doch an der richtigen Stelle abgegeben.“
Der Hunger und das Warten haben ihre Spuren sowohl im Gesicht, als auch am ganzen Körper des Dasitzenden hinterlassen.
Aber auch sein Gegenüber macht nicht gerade den Eindruck eines gut genährten, glücklichen und äußerst zufriedenen Menschen.
„Ich habe doch angerufen, meine Wünsche und meine Bestellung durchgegeben, den Platz reserviert“, schwirrt es ihm durch den Kopf. „Weshalb bekomme ich weder mein bestelltes Essen, noch eine Auskunft?“
Er hebt seinen. inzwischen schon knöchrig gewordenen Zeigefinger, so als wolle er einen Kellner oder Bediensteten zu sich an den Tisch rufen. Diesen selben Gedanken musste wohl auch sein Gegenüber haben, denn er machte genau dieselbe Bewegung. Und auch dessen Zeigefinger schien sehr knöchrig.
Die Zeit vergeht, inzwischen scheint es schon eine Ewigkeit her zu sein, dass sich die Beiden an diesem Tische niederließen. Und sie warteten immer noch auf ihr göttliches Menü, darauf, dass ihre Bestellung und ihre Wünsche ausgeführt würden.
Nach ewigen Zeiten erhob sich der zuerst Eingetretene mühsam von seinem Stuhl. Und schon tat es ihm sein Gegenüber gleich.
Erst jetzt bemerkte der sich Erhebende, dass er die ganze Zeit vor einer Spiegelwand gesessen hatte und der mit ihm geduldig Wartende nur sein Spiegelbild war.
Er schleppte sich in die, an das Esszimmer angrenzende Küche, kochte sich eine Kleinigkeit und stillte somit seinen ersten Hunger.
Von nun wollte er nie mehr darauf warten, dass ihm Jemand ein göttliches Menü zubereitete. Nie mehr eine Bestellung aufgeben und Wünsche äußern. Um seinen Hunger zu stillen und langsam wieder zu Kräften zu kommen, las er das ein oder andere Kochbuch, studierte die darin enthaltenen Rezepte und kochte sich von da an sein eigenes Menü. Es war ihm inzwischen reichlich egal, ob ein Dinner göttlich war, oder nicht. Wichtig war ihm, dass sein Hunger gestillt wurde.
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