„Kriegsertüchtigender
Betroffenheits- und Beistandswettbewerb“
Als meine Eltern
mit meinem Bruder und mir vor etwas mehr als 60 Jahren die
Gedenkstätte des KZ Dachaus, Station für Station besuchten, stand
ich vor den Gaskammern, den Duschen, den Henkergräben, den Öfen und
den mit entsprechenden Texten versehenen Fotos. Ich war des Lesens
und Verstehens von Texten längst mächtig. Während meine Mutter nur
unentwegt weinte, mein Vater stumm wie nie, stand ich tränenlos und
nur entsetzt und erstarrt vor diesen grausamen Fakten.
Es stellte
sich in diesen Momenten für mich auch nicht die Frage, wie konnten
Deutsche derartiges Juden antun, wie konnten Rechte dies Linken
antun, wie konnten Heteros dies Schwulen antun, wie konnten dies
Männer Frauen antun usw.?
Nein, die einzige Frage die sich mir
damals und zwar bis heute stellte war: wie können Menschen anderen
Menschen, also Ihresgleichen derart grausames antun?! Wie konnten
Menschen so unmenschlich sein und werden?!
Dies war für mich die
eigentlich und alles entscheidende Frage!
Betroffenheit, Mitleid
mit den mißhandelten und getöteten Menschen war körperlich
spürbar. Und dies ist bis heute in allen Fällen von menschlichem
Leid so bei mir.
Die ursächliche Frage die mich bis dato nicht
mehr losgelassen hat war und ist für mich also: weshalb, wodurch und
wie wird „der Mensch“ (egal welchen Geschlechts, welchen Alters,
welcher Nationalität, welchen gesellschaftlichen Status, unabhängig
des Geburtsortes und der Hautfarbe) so grausam, terroristisch und
unmenschlich gegenüber seinesgleichen?!
Und nein, für mich ist
nicht die Quantität von Grausamkeit gegenüber betroffenen Menschen
die entscheidende Frage, sondern die Grausamkeit und
Unmenschlichkeit, der Verlust des Menschsein an sich. Selbst wenn es
sich „nur“ um einen „einzigen, einzelnen Fall“ handelt.
Denn
Unmenschlichkeit nach Quantität, Nationalität, Geschlecht, Alter
usw. zu bemessen und zu „beurteilen“ führt zu dem derzeit
vorherrschenden „Betroffenheits- und Beistandswettbewerb“ durch
selektiven Humanismus und selektiver Empathie. Und damit wiederum zur
weiteren Trennung, Spaltung und wiederum Ausgrenzung von
Menschen.
Oder sind und werden „unsere Werte“ durch den
„Betroffenheits- und Beistandswettbewerb“ mit einer „Seite,
Nationalität, Geschlecht, Herkunft ect.“ menschlicher,
menschlicher als das „Menschsein“?!
Von welchen Werten ist bei
„unseren Werten“ eigentlich immer die Rede?!
Gibt es in
unserer Gesellschaft, in der westlichen Gesellschaft etwa keine
Grausamkeit/en und Unmenschlichkeit/en gegenüber unseresgleichen?!
Also Terror, widersprüchliches, abartiges „Menschsein“?!
Terrorismus ist Ausdruck von
Unmenschlichkeit. Man kann ggf. einzelne Terroristen militärisch und
kriegsertüchtigt ausschalten und (unmenschlich) beseitigen. Diese
Frage der militärischen Ausrottung von Terror wird ständig erörtert
und diskutiert. Befasst sich damit aber wiederum „nur“ mit den
(Aus)Wirkungen. Nicht diskutiert und hinterfragt wird aber die
Ursache des „geistigen und systemischen“ Terror ganzer
Gesellschaften durch die Mächtigen, deren (auch religiösen)
Auslegungen, unter welchem dann immer wieder nur die Völker,
Menschen leiden. Wie man „geistigen und systemischen Terror“
bekämpft, beseitigen könnte, wird allerdings nicht diskutiert.
Diejenigen, die versuchen auf diesem
Gebiet andere, als die bisherigen Lösungen zu finden, werden als
„Friedensschwurbler“ und deren Versuche als „Hirngespinst“
und „Ideologie“ abgetan und bezeichnet. Und deshalb wird es immer und immer wieder
Terror und Kriege, also Unmenschlichkeit in allen Facetten geben.
Dann sollte „man“ sich aber auch damit abfinden und nicht nach
„neuen“ Lösungen (durch bessere und noch mehr Waffen ect.) oder
Schuldigen (welche es dann ja auch immer geben muss) suchen, die bis
dato immer nur dasselbe Ergebnis hervorbrachten. Damit weder
korrigierbar, noch zu ändern ist. Es gibt keine selektive Empathie
und keinen selektiven Humanismus. Entweder „man“ selektiert. Dann
spaltet und teilt man die Menschen! Oder man ist empathisch und
human!
„Wir“ müssen jetz ja auch wieder „kriegstüchtig“
und eben nicht „friedenstüchtig“ werden!
Genau dies sind aber
die immer wiederkehrenden Ergebnisse und Argumentation von Selektion
(von Spaltung und Teilung)!
Und was, bzw. dass sich mit einer
derartigen Haltung nichts ändert und geändert hat, zeigt sich doch
aktuelll so gravierend wie eigentlich immer in Krisen- und
Kriegssituationen!
„Nie wieder“ mit derselben Sicht- und
Handlungsweise der Vergangenheit wird und funktioniert eben nicht! Es bleibt dann bei einem "immer wieder"!
Terror und Krieg – wie kann das
enden? (Anne Will Sendung vom 12.11.23)
Die Antwort auf diese Frage gab die
großartige Frau Friedländer (Nomen est omen!) am Ende der
Sendung:
„Ich wünschte mir, dass so etwas, dieser Hass,
dieser Antisemitismus, nicht Antisemitismus, dieser Hass! wirklich
Menschen das nicht tun. Warum hasst man? Es gibt kein christiliches,
kein muslimisches, kerin jüdisches Blut. Es ist alles menschliches
Blut. Wir sind alle gleich. Ich versuche euch zu sagen, dass wir alle
Menschen sind. Lass uns leben. Ich glaube, dass in jedem Menschen
igendetwas gutes ist. Nehmt das Gute raus und vergesst das Schlechte.
Es ist so einfach Mensch zu sein.“