"Tag der "Deutschen Einheit", da werde ich doch glatt nostalgisch...
Könnt Ihr Euch noch an die Bilder erinnern? Menschen, die halbverhungert, in Lumpen gekleidet und mit dreckigen Lappen an den Füßen über scharfkantige Mauerreste kletterten, stolperten, stürzten, sich wieder aufrappelten oder - sofern sie dazu nicht mehr in der Lage waren - auf allen Vieren weiterkrochen, um im nächsten Supermarkt über das Bananenangebot herzufallen? Bananen übrigens, die im grenznahen Raum plötzlich ein mehrfaches von dem kosteten, was man im ehemals westdeutschen Hinterland dafür berappen musste? Ja, das waren noch Zeiten...
Es gab übrigens auch andere Bilder, aber die sah man nicht im TV. Geschäftsleute, die aktenkofferweise ihre Post in den Osten karrten, um sie dort für 0,35 Ostmark pro Brief wieder gen Westen zu versenden. Bewohner aus den angrenzenden "alten" Bundesländern, die die östlichen Bankfilialen verstopften, um 20 DM umzutauschen und damit den nächsten Wocheneinkauf zu tätigen. Lawinen von Schrottautos ohne Hoffnung auf TüV, die im unterversorgten Osten weit über ihrem Wert an die naiven da an Gewinnsucht und Betrug nicht gewöhnten Zonenfuzzis verscherbelt wurden. Heerscharen von Versicherungsvertretern und Anlageberatern, die den dussligen Ossis sinnlose Verträge zu irrwitzigen Konditionen aufschwatzten, Initiatoren von sogenannten Pyramidenspielen, die einigen Wenigen zu mehr Geld verhalfen, indem sie viele andere um ihre Ersparnisse brachten - und dabei natürlich selbst ordentlich absahnten. Grundstücksspekulanten, die ganze Straßenzeilen für ein Butterbrot aufkauften. Nicht zu vergessen die Treuhand, die Betriebe für symbolische Beträge an private Interessenten verscherbelte, welche dann wieder alles herausholten, was sich noch zu Geld machen ließ, um den Rest an irgendwelche Grundstücks- oder andere Spekulanten weiterzuverscherbeln - und sich dabei eine goldene Nase zu verdienen.
Der Run auf den Bananentresen war nicht annähernd so spektakulär, wie der, den der großzügige Westen im Austausch gegen das "Begrüßungsgeld" gen Osten in Bewegung setzte. Allerdings kann ich mich irgendwie gar nicht daran erinnern, dass ARD und ZDF den in den Nachrichtensendungen ebenso groß herausgebracht hätten. Müssen sie in all dem Trubel wohl vergessen haben.
Und dann die Krönung: Der Wegfall des sozialistischen Gegengewichts setzte schließlich nicht nur eine Spekulantenlawine in Bewegung, sondern ermöglichte außerdem eine Wende in der Sozialpolitik und gipfelt mittlerweile in Lohndumping nie gekannten Ausmaßes auch in den alten Bundesländern.
Fakt ist jedenfalls, dass viele Menschen - nicht nur aus der ehemaligen DDR
-heute nicht besser dastehen als im Osten zu Zeiten der SED und der sozialistischen Planwirtschaft. Damals gab es dort für jeden Arbeit und soziale Sicherheit, dafür waren die Geschäfte mit Dingen, die nicht gerade Basics waren, nicht allzu gut bestückt. Im Westen wurde vernünftiges Arbeitslosengeld gezahlt und die Gewerkschaften machten sich für ordentliche Löhne stark. Heute gibt es überall Hartz IV und die Aussicht auf Altersarmut, die Geschäfte sind voll, die Schaufenster quellen über, aber das Geld reicht nur für das, was es in der DDR ohnehin gab, nämlich Basics.
Und Bananen, denn die sind eigentlich schön billig, außer bei Fair Trade, aber wer kann es sich schon leisten, fair zu sein?
Aber wenigstens hat uns dieser Werteaustausch ja einen Feiertag beschert. Begehen wir ihn also würdig. Vielleicht, indem wir ein paar blau-braunen Brüdern zu erklären versuchen, dass da niemand ein "R" vor dem Wort "Einheit" vergessen hat? Das wäre doch zumindest mal eine Maßnahme.
Ich persönlich boykottiere außerdem noch Bananen, aber das muss ja nun nicht jeder nachmachen, immerhin waren diese krummen Dinger uns lieb und teuer genug, um dafür all die anderen krummen Dinger ebenfalls in Kauf zu nehmen.
Schönen Feiertag."
Heidi Langer
3 Kommentare:
Sehr gut auf eine vollkommen andere Art und Weise kommentiert, aber treffend, wenn auch ein kleines bisschen überhöht.
Bananen esse ich zwar immer noch, aber der Hunger nach Bananen war zeitig gestillt.
„Der Wessi soll sich dem Syrer anpassen, aber nicht dem Ossi, der soll sich gefälligst wessimilieren.“
Ist die Wiedervereinigung demnach doch fehlgeschlagen? Ist der Ostdeutsche einfach nicht integrierbar in die rot-grüne Politik? Dieser Frage geht Roland Tichy in einer Glosse in seinem Internet-Magazin „Tichys Einblick“ nach. Mit viel Satire lässt er sich über die Integrationsbemühungen der Staatsministerin Aydan Özoguz aus.
Diese hatte ein sogenanntes „Impulspapier der Migrant*innenorganisationen zur Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft“ vorgelegt, um das Jahr 2016 zum „Themenjahr Partizipation“ zu erklären. Damit seien alle Menschen willkommen und die Deutschen hätten sich ihnen anzupassen, schreibt Tichy. Nur mit den Sachsen laufe es etwas anders, die hätten sich gefälligst den Wessis anzugleichen.
Tichy: „Deutschland soll sich den sogenannten Flüchtlingen öffnen – aber nicht den Sachsen. Der Wessi soll sich dem Syrer anpassen, aber nicht dem Ossi, der soll sich gefälligst wessimilieren. Der schon, klar, total. Ossis haben sich ohne Wenn und Aber in das westdeutsche System zu integrieren. Flüchtlinge sollen das nicht. Ihnen werden subventionierte Parallelgesellschaften angeboten und Quoten zum „Haben und Sagen“.
Und weiter: „Es ist eine seltsame Verkehrung: Es gehört zum guten Ton in Westdeutschland, den Tschechen zuzurufen: Ihr nehmt unsere Sachsen, wir euren Atommüll. Das sagte etwa der Sprecher des weit im Westen gelegenen Bistums Köln. Stellen wir uns vor, jemand hätte geschrieben: Lieber Assad, gib uns Deine Fassbomben und Giftgranaten, aber behalte die Leute, die können wir nämlich nicht gebrauchen. Die Hölle wäre losgebrochen und hätte den Schreiber verschlungen. Oder stellen wir uns vor, jemand hätte Kreuzberg, Teile von Duisburg, Düsseldorf und Köln, die No-Go-Areas, in denen Frauen zur Verschleierung gezwungen werden, Juden um ihr Leben fürchten müssen und 12-Jährige mit alten Hamas-Funktionären und SPD-Parteibuch zwangsverheiratet und junge Mädchen zur Zwangsehe in die Türkei verschleppt werden, diese Orte des in Deutschland herrschenden Islam als „braune Schandflecken in Deutschland“ bezeichnet. Himmel, hilf. Mit den Sachsen? Täglich ist in einer der großen Hamburger Illustrierten oder einer der süddeutschen Zeitungen mit Qualitätsanspruch von Schandflecken zu lesen.“
Lösung: „Betreutes Wählen einführen“
Doch Tichy hat zugleich auch eine Lösung parat, mit der eine vollkommene Verschmelzung von Ost und West vielleicht doch noch möglich sein kann. Man müsse in Ostdeutschland „Betreutes Wählen“ einführen, meint er.
Er schreibt weiter: „Jedem Wähler wird ein Bewährungshelfer in der Wahlkabine zur Seite gestellt, der darauf achtet, dass das Kreuz an der richtigen Stelle gemacht wird. In einer milderen Variante wird nach den Kästchen für CDU, SPD, FDP und Grünen ein Strich gezogen und ein Vermerk angebracht: ‚Wer weiter unten wählt, gefährdet seine Gesundheit, seinen Job und sein soziales Ansehen. Wollen Sie hier wirklich ihr Kreuz machen?‘“
Danke für Ihren Kommentar und den Hinweis auf den sehr guten Artikel von Tichy.
Auch wenn er es ein wenig überspitzt formuliert hat, der Artikel vielleicht sogar satirisch gedacht war, so steckt doch sehr viel Wahrheit darin. Der AfD-Zulauf ist primär Ausdruck des Unmuts, des Protests gegen die herrschende Politik. Dass die sehr große Mehrheit der Menschen, auch in diesem Land hilfsbereit, mitfühlend und human ist, hat sich gerade in den letzten beiden Jahren gezeigt. Hätte es diese „Nächstenliebe“ nicht in diesem Umfang gegeben, wären die Probleme noch sehr viel größer und deutlicher zu Tage getreten. Denn es waren primär die Menschen, die „das schaffen wir“ auch in der Tat umgesetzt haben. Nicht die Politik und die verantwortlichen Stellen. Jetzt gefährliches „rechtes Gedankentum, Nazis“, insbesondere im Osten auszumachen, ist nur der Hilflosigkeit der bisher Regierenden geschuldet. Idioten gibt und gab es schon immer und zwar in jedem Volk.
Dass es allerdings in der Innenpolitik dieses Landes eigentlich kein anderes Thema mehr als die „Willkommenskultur“ gab, hat eben dazu geführt, dass die sich häufenden und ungelösten gesellschaftlichen Probleme, zu welchen die „Flüchtlingskrise“ zusätzlich noch kam, den Protest, eine Protestwahl verursachten.
Dass die Einheit eben noch nicht vollzogen ist, weil die Politik sich über das „Befinden“ des eigenen Volkes hinwegsetzte, förderte durch diese Wahl nur zu Tage, was seit Jahren brodelt.
Und jeder, der nicht uneingeschränkt und bedenkenlos dieser völlig ungeregelten und unbedachten „Willkommenskultur“ zustimmt, wird seither mit dem Etikett des Nazis versehen.
Nur ja nicht nach den eigentlichen Ursachen (wer, wenn nicht die herrschenden Regierungen sind dafür verantwortlich) fragen, wie und weshalb es zu einer derart großen Not weltweit kam, welche dann eine derartige Hilfsbereitschaft NOTWENDIG machen und machten?!
Augen zu und durch, wir schaffen das, hilft da nicht wirklich weiter! Im Gegenteil. Die Proteste und Ängste werden sich ihren Raum schaffen. Und so potenziert man nur die bereits bis dato ungelösten Probleme.
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