Ralf Nietzschmann für den Arbeitskreis in Anlehnung an die
Nachdenkseiten (NDS)
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Posting zum Thema: Der Strom kommt aus der Steckdose
Liebe
Freunde/innen des AK Leipzig, verehrte Leser/innen & Bekannte,
ein
Thema das nicht ganz so einfach zu beantworten ist.
Richtig
ist, dass wir zu jeder Tages und Nachtzeit in der Regel Strom aus der
Steckdose zur Verfügung haben.
Die
Frage bleibt aber, wie wird der Strom produziert und welchen Preis
müssen wir für eine KWH bezahlen.
Ich
besuche ja immer noch mehr oder weniger Veranstaltungen zum Thema
erneuerbare Energie (EE). Die technisch sehr anspruchsvollen
Veranstaltungen sind allerdings nicht geeignet, detailliert einen
breiten weniger mit technischen Verständnis ausgerüsteten Publikum
nahezubringen.
Meine
Freunde vom Arbeitskreis mussten das im Rahmen der turnusmäßigen
Veranstaltungen im Bürgertreff erfahren.
Dem
durchschnittlichen Besucher derartiger Veranstaltungen interessiert
der Preis pro KWH.Dazu muss man immer wieder gegen gezielt gestreute
Meinungen ankämpfen, wenn man derartige Diskussionen versachlichen
will.
Ich
bleibe dabei, dass an der totalen Umstellung auf EE kein Weg
vorbeigeht. Es bleibt nur eine Frage der Zeit.
Ich
komme auf die Veranstaltung im Bürgertreff zurück. Es ging um EE.
Plötzlich
lobte ein Teilnehmer die AfD auch, weil sie die „sinnlose“
Energiepolitik der Merkel Regierung zurück nehmen will und wieder
auf Atomstrom und Kohlestrom baut. Es wäre günstig für den
Verbraucher.
Ich
bin ja bekannterweise kein Freund von Merkel. Aber diese 180 Wende
ist das Beste, was ich von ihr erlebt habe, egal wie diese Wende
zustande kam.
Ich
will mit diesem Posting versuchen, nochmal auf Zusammenhänge zu
kommen und zum Nachdenken anzuregen.
Situation
in Deutschland bei der Stromerzeugung
Ich
möchte beweisen, dass in Deutschland auf Atomstrom sofort verzichtet
werden kann und Kohlestrom immer überflüssiger wird.
Es
jährte sich zum fünften Mal der Tag, an dem in Japan nach einem
schweren Seebeben die dreifache Reaktorkatastrophe in Fukushima ihren
Laufe nahm. Das sollte zum Anlass genommen werden, über die
verbliebenen acht deutschen Atomkraftwerke nachzudenken. Die meisten
von ihnen sollen erst 2021 und 2022 abgeschaltet werden.Bis dahin werden sie weiter jede Menge hochradioaktiven Müll produzieren, der für viele Jahrzehntausende sicher verwahrt werden muss. Ein Endlager, das eine entsprechend zuverlässige, geologisch stabile Einlagerung gewährleisten könnte, ist bisher nicht gefunden.
In einer neuen Studie mit dem Titel -Atomkraft 2016 – sicher, sauber, alles im Griff? -, untersuchte die unabhängige Atomexpertin Oda Becker die Risiken, die von Atomkraftwerken und Zwischenlagern in Deutschland ausgehen.
Becker konnte mangelhafte Schutzstandards, Hochwasser-, Erdbeben- und Terrorgefahren sowie altersbedingte Ausfälle der Sicherheitssysteme nachweisen.
Die Physikerin Oda Becker sagte, in jedem deutschen Atomkraftwerk ist ein schwerer Unfall möglich. Das wird inzwischen auch von den Behörden so gesehen, dafür erforderliche umfangreiche Katastrophenschutzpläne sind aber nicht vorhanden. Auslöser eines schweren Unfalls kann ein Erdbeben wie im Fall von Fukushima oder einen Terroranschlag sein. Eigentlich dringend nötige Nachrüstungen und Sicherheitsüberprüfungen werden mit Blick auf die verbleibenden Restlaufzeiten jedoch nicht mehr durchgeführt!!! Frage der Kosten!
Zudem kommen wegen der ökonomischen Schwierigkeiten der AKW-Betreiber Zweifel, ob die ohnehin nur bis zum Ende des Jahrhunderts laufende Verursacherhaftung auch umgesetzt werden kann. Dennoch werden die Entsorgungskosten durch jeden Tag des AKW-Betriebs weiter in die Höhe getrieben. Auch diese Kosten müssen genau so wie die erheblichen Subventionen in der Vergangenheit fairerweise mit berücksichtigt werden, wenn man Kosten pro KWH zwischen konventionellen Kraftwerken und EE vergleicht.
Es gibt keinen sachlichen Grund, weiter Strom in diesen alternden Anlagen zu produzieren. Es gibt im ganzen Land Dutzende Gaskraftwerke, die im Durchschnitt nur noch zu 12 Prozent ausgelastet sind. Würde deren Auslastung auf 44 Prozent erhöht, könnte damit der Strom aus den AKW ersetzt werden. Ende 2015 gab es in Deutschland Gaskraftwerke mit einer Leistung von 28,5 Gigawatt (GW) während es die AKW nur noch auf 10,8 GW brachten. Außerdem erfüllen Gaskraftwerke, auf Grund ihrer technischen Voraussetzung hervorragend die Absicherung der Grundlast im Netz, da man Gaskraftwerke je nach Bedarf kurzfristig zu oder abschalten kann.
Gasturbinen kann man mit den verschiedenen Gasarten betreiben, also Erdgas, aber auch Biogas oder Windgas. Letztgenannte ermöglichen problemlos den Umstieg von fossiler Energie(Erdgas) auf EE.
Netzseitig betrachtet ist auch die Versorgungssicherheit gewährleistet.
Warum?
Der Spitzenbedarf an Strom liegt in Deutschland, bei knapp 85 GW.
Dieser wird manchmal wochentags in kalten, dunklen Wintermonaten erreicht.
Wasser-, Biomasse, Gas- und Kohlekraftwerke kamen Ende 2015 zusammen auf eine Leistung von 91,2 GW.. Hinzu kommen noch 7 GW Leistung in Pumpspeicherkraftwerken, die täglich in den verbrauchsarmen Nachtstunden aufgeladen und zu Zeiten des täglichen Spitzenverbrauchs wieder entladen werden können. Und dann wäre noch die Windkraft, alleine 43,8 GW bei Offshore mit fast konstanter Dauerleistung, denn Wind auf dem Meer ist verläßlich.
Hier spielt allerdings der Trassenausbau die entscheidende Rolle.
Davon hängt die Minimierung der Kohlekraftwerke ab.
Windkraftanlagen auf dem Land möchte ich hier mal außen vorlassen, da sie eine wichtige Rolle zwar spielen, genau wie Solaranlagen (39,7 GW).Hier muss man aber eher die dezentrale Stromversorgung und die immer sich weiter entwickelnde Speichertechnik betrachten.
Allerdings spielt auch die Einspeisung ins allgemeine Netz eine Rolle, aber durch Bevorteilung der trägen Kohlekraftwerke und zur gewollten Minimierung der Gaskraftwerke, eher eine politische Betrachtung und keine technisch mögliche.
Es wäre ein Kapitel für sich. Nur möchte ich hier bemerken, dass wiederum Bayern im Bezug auf Dezentralisierung eine hervorragende Rolle vollkommen geräuschlos spielt.
Ich wollte hier nur darstellen, dass es sofort möglich ist, die AKW sofort vom Netz zu nehmen. Man muss es nur politisch wollen.
Kein Paradox
Das Abschalten der AKW hätte außerdem den Vorteil, dass Stromüberangebot zu reduzieren.
Der Strom wird an der Leipziger Strombörse gehandelt. Auf Grund des Überangebots an Strom liegt derzeit der Preis meist bei 2,5 Cent pro KWH. Ganz selten wurden Preise von bis zu 5 Cent pro KWH erzielt.
Bei diesen Preisen wären neue Kohlekraftwerke vollkommen unrentabel und sinnlos.
Das Stromüberangebot ist auch ein Grund dafür, dass es Eon, RWE und Co. so schlecht geht. Politisch entschieden, bekommen sie aber Geld, weil sie veraltete Kohlekraftwerke vorhalten dürfen, wegen eventuellen Bedarf. Techniker lachen darüber. Aber wer bezahlt den Preis? Sollte mal jeder selbst darüber nachdenken.
Eine Reduzierung, besser gesagt Anpassung an den Bedarf, durch Abschalten der AKW würde die Preise etwas in die Höhe treiben und damit zugleich in Wirklichkeit den Normalverbraucher entlasten. Der muss nämlich über die EEG-Umlage für die Differenz zwischen dem Börsenstrompreis und der Vergütung für Solar-, Biogas- und Windstrom aufkommen. Warum schreibe ich vom Normalverbraucher?
Da muss man sich nur mal mit den Befreiungen von der EEG Umlage beschäftigen. Wiederum eine politische Entscheidung zu Lasten des Normalverbrauchers.
Auf die gesunkenen Einspeisevergütungen möchte ich nicht näher eingehen. Nur soviel, sie sind erheblich gesunken. Ein Kapitel das ich an anderer Stelle in Verbindungen mit Subventionen ausführlich behandelt habe.
Abschließend möchte ich auf die „Hoffnung“ vieler Wähler der AfD eingehen.
Es ist auch bei Strompreisen reiner Populismus, wenn Frau von Storch bei Anne Will Einspeisevergütung und Strompreis in Verbindung bringt. AKW und Kohlekraftwerke verteuern den Strompreis und dienen nur den großen Konzernen. Deshalb ist auch dieser Punkt im vorläufigen sogenannten Wahlprogramm der AfD, nämlich AKW und Kohlekraftwerke wieder zu beleben, vollkommen falsch. Genauso wie die Leugnung der Klimaerwärmung.
Leider ist es immer wieder sehr schwer, wenn man versucht mit stichhaltigen Argumenten und Zahlen die Menschen zu überzeugen.
Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.
Glück auf
Ralf
2 Kommentare:
Ein sehr informativer Aufsatz. Ich verstehe die Desinteresse vieler unserer Mitbürger nicht, wenn es um die Daseinsfürsorge geht. Strom ist ein wesentlicher Bestandteil der Daseinsfürsorge und sollte sich an den wirklichen Bedarf richten.
Die Konzerne sind nur auf Gewinnoptimierung ausgelegt. Die Kosten gerade bei der Kernenergie werden auf die Steuerzahler abgewälzt. Die Politiker unterstützen diese Prozesse.
Der Normalverbraucher zahlt die Zeche.
Es ist erstaunlich, was heute technisch alles möglich ist.
Unserer Sohn und unsere Schwiegertochter werden sich ein Haus bauen.
Es wird mit einer Solaranlage und einem Batteriespeicher ausgerüstet.
Gemeinsam besuchten wir die Nutzer einer Solaranlage in Verbindung mit einem Batteriespeicher.
Dieser Speicher steht im Keller, hat etwa die Größe eines Kühlschrankes.
Solaranlage + Batteriespeicher decken über 70 % des Strombedarfs dieses Haushaltes bezogen auf das ganze Jahr ab.
Dazu kommt vorwiegend in den Sommermonaten noch die vergütete Abgabe für nicht benötigten Eigenbedarf an Strom, der ins Stromnetz eingespeist wird. Die Eigentümer wohnen im ländlichen Raum mit dezentraler Stromversorgung für drei Orte.
Einfach für mich fantastisch. Der Ausbau der EE sollte nach meiner Auffassung, sowohl dezentral aber auch im gesamten Stromnetz viel schneller vorangehen und entsprechend gefördert werden.
Klaus Baraniak
In Anbetracht der jüngsten Ereignisse in Brüssel ist es nicht ausgeschlossen, dass auch AKW im Fokus von Anschlägen stehen könnten. Eine Verharmlosung ist absolut nicht angebracht.
Da Strom zur Daseinsvorsorge zählt, gleichzeitig die jetzige Generation für den Erhalt unserer Natur verantwortlich zeichnet, verstehe ich die Politik nicht.
Konzerne wollen auch mit der Produktion von Strom immer steigende Gewinne erzeugen.
Diese Tatsache steht jedoch nicht in Übereinklang mit der notwendigen Daseinsvorsorge, also den tatsächlich notwendigen Bedarf an Strom.
Einige Zahlen, die das ausdrücken.
Die Stromproduktion, bezogen auf notwendigen Verbrauch und Export, erhöhte sich um 24 Milliarden Kilowattstunden auf 651,8 Milliarden Kilowattstunden..
Davon gingen 51,8 Milliarden in den Export.
600 Milliarden verbleiben also für den Bruttoinlandsverbrauch.
Tatsächlich verbrauchten die Abnehmer 551,7 Milliarden Kilowattstunden.
48, 3 Milliarden wurden hauptsächlich für die Kohle und Atomkraftwerke für den Betrieb selber benötigt.
Es ist in etwa die Leistung von 5 AKW.
Der Nettoverbrauch von 551,7 Milliarden Kilowattstunden ist 2015 gegenüber 2014 nur geringfügig angestiegen. Die deutliche Mehrproduktion, war also vor allem dem Exportgeschäft geschuldet.
Im Umkehrschluß daraus subventioniert der Normalverbraucher wiederum die großen Konzerne für ihre Gewinne.
Deshalb finde ich den Beitrag von R. Nietschmann sehr schlüssig, wenn es um Abschaltung von AKW und Kohlekraftwerke geht. Richtig ist auch, dass die Kapazitäten der Gaskraftwerke vielmehr gegenwärtig hochgefahren werden müssten.
Noch ein letzter Vergleich zur Nettoproduktion von Strom aus den erneuerbaren Energien.
Mit der Windkraft, Fotovoltaik, Biomasse und dem biogenen Anteil des Hausmülls wurden 2015 195,9 Milliarden Kilowattstunden erzeugt. Ein Anteil von 35,5 Prozent am Nettoverbrauch gesamt.
Wenn aber durch falsche Entscheidungen der Politik, die Großkonzerne weiter gepampert werden, stagniert der mögliche und notwendige Ausbau der EE.
Dazu gehört auch die gewollte Ausbremsung von Energiegenossenschaften, besonders bei Bürgerwindprojekten.Die dezentrale Stromversorgung in Form von Genossenschaften, die durchaus für ihre Mitarbeiter gute Gehälter und auch Rücklagen für Investitionen und Wartung benötigen,
erfüllen viel eher die Bedingungen des Produkts Strom für die Daseinsvorsorge.
Auch bei der Stromproduktion, sollten wir uns abwenden von der Logik „ Schneller, höher, weiter“, im Bezug auf Gewinne der Konzerne.
Ich war jahrelang Projektleiter am Institut für Energetik in Leipzig und nach der Wiedervereinigung maßgeblich mit erneuerbarer Energie als freier Mitarbeiter verschiedener Forschungsprojekte auf diesem Gebiet beschäftigt. Herrn Nietschmann , habe ich bei verschiedenen Veranstaltungen kennengelernt. In seiner Arbeitsgruppe hielt ich einige Vorträge zur erneuerbaren Energie.
Heinz Wagner
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