Donnerstag, 12. Januar 2012

und zu guter letzt auch noch eine Mail an Maybritt Illner

hre heutige Sendung
Von:
"Robert Kroiß" <robertkroiss@web.de>
An:
maybrit-illner@zdf.de
Datum:
12.01.12 18:24:24
Sehr geehrte Frau Illner, sehr geehrte Damen und Herren,

von Ihrem Angebot per Email an Ihrer Diskussion teil zu nehmen, mache ich sehr gerne Gebrauch und würde zu Ihrem heutigen Thema, der „Causa Wulff“ Ihnen und Ihrer Diskussionsrunde gerne folgende Fragen stellen, in der Hoffnung, diese auch beantwortet zu bekommen:

Weshalb die „Causa“ Wulff zu einer Grundsatzfrage und -diskussion werden könnte, ja sollte!

Da wird nun seit Wochen – und wohl auch künftig – öffentlich über das evtle. Fehlverhalten eines Menschen diskutiert. Also über eine Sache, wie sie wohl tagtäglich passiert.
Was aber macht diese Sache so wichtig, pikant und für die Öffentlichkeit so interessant, wenn es sich doch um eine Alltäglichkeit handelt?!

Es ist das Amt, die Position, welche/s dieser fehlerhafte Mensch angestrebt und nun inne hat! Und das, was die Menschen damit verbinden!

Was verstehen Sie unter der und wie sehen Sie die Würde ((lateinisch dignitas) bezeichnet die Eigenschaft, eine einzigartige Seinsbestimmung zu besitzen.) des Amtes und die entsprechende Ausübung, welches Sie inne haben? Welches „Sein“ und welche „Bestimmung“ verbinden Sie damit? Wie verbindlich ist der von Ihnen geleistete Amtseid, vor allem auch in Verbindung mit der religiösen Formel? Inwieweit ist die Trennung von Staat und Kirche dann tatsächlich gegeben?
Da das Amt des Bundespräsidenten gemeinhin als Amt „ohne Macht“ gesehen wird, inwieweit haben Sie dann überhaupt die Möglichkeit Würde im Sinne einer einzigartigen Seinsbestimmung wahr zu nehmen? Wenn die einzige Macht des Amtes in der Macht der Worte besteht, sind dann Amtsinhaber eigentlich auch nichts anderes als Kirchenfürsten? Also Prediger, welche mit und durch die Verkündigung ihrer Worte auf Glaubwürdigkeit hoffen (müssen)?
Anhand welchen Seins- und Rechtsverständnisses (im Sinne von Recht und Gerechtigkeit) prüfen Sie die von Ihnen zu unterzeichnenden Gesetze und Rechtsvorschriften. (wie z. B. das SGB)?
Könnten Sie mir bitte die Diskrepanz, die Ungerechtigkeit und Ungleichbehandlung beim Bezug „staatlicher Transferleistungen“ (also die gewissenhafte Unterzeichnung z. B.eines solchen Gesetzes) erklären?
[Erklärung meiner Frage hierzu: als Bundespräsident erhalten Sie staatliche Transferleistungen  (von der Höhe, den Zusatzleistungen und der Bezugsdauer mal völlig abgesehen, erbracht durch die Mehrheit der Bürger, welche Sie repräsentieren), allerdings ohne sich genau so rechtfertigen zu müssen, wie es jeder andere Leistungsempfänger (z. B. ALG II-Bezieher) muss.]

Meiner Ansicht nach geht aber die ganze Diskussion an der eigentlichen Sache und damit einer ganz anderen – eigentlich viel wichtigeren - Fragestellung völlig vorbei.

Wie wichtig kann ein Amt sein, von dem alle Welt angeblich weiß und behauptet, dass damit keinerlei „Macht“ verbunden sei?! Ein Amt, dessen einzige „Macht“ in der Macht der Worte liegen soll?! Und worin besteht dann in einem Amt ohne Macht, also der Machtlosigkeit und Ohnmacht die Macht der Worte?! Worte, welche der derzeitige Amtsinhaber – trotz Ankündigung – dann doch nicht findet?!

Beruht die Macht dieses Amtes angeblich denn nicht gerade mit und in erster Linie nur in der Glaubwürdigkeit der Worte, dem gesprochenen Wort und damit der Verkündigungen der Amtsinhaber/innen?! Verkündigung als der einzig angeblichen Macht dieses Amtes? Wie dies von allen Menschen der Gesellschaft auch genauso erwartet wird? Muss ein Amtsinhaber/in dann nicht geradezu im Bezug auf Worte, Gesprochenes und Gesagtes glaubwürdiger (also letztlich gerechter) als jeder andere Mensch sein, wenn das Amt überhaupt einen Sinn haben soll?! Müssen der Macht der Worte dann aber eigentlich nicht auch entsprechend „mächtige“ Taten folgen?!

Weshalb leisten „wir“ uns also ein völlig überflüssiges Amt?! Ein Amt ohne jegliche Macht?!

Nach der allgemein gültigen und auch in der Öffentlichkeit vorherrschenden Meinung und der damit verbundenen „Arbeitsplatzbeschreibung“ handelt es sich bei dem Präsidentenamt um ein Amt ohne Macht. Also einen Posten, bei welchem Jemand eigentlich nichts Produktives für die Allgemeinheit leistet und leisten kann. Außer gelegentlich wichtige Reden (also Verkündigungen) zu halten und somit die Macht seiner Worte zu demonstrieren. Demzufolge eigentlich nichts anderes, als es auch die sogenannten Kirchenfürsten machen. Nämlich Worte verkündigen und auf entsprechende Glaubwürdigkeit zu hoffen.

Noch genauer gesagt: es handelt sich hierbei um Menschen, welche durch die staatlichen Transferleistungen (erbracht durch die Mehrheit des Volkes) ihre Existenz gesichert bekommen. Allerdings ohne sich dafür genauso rechtfertigen zu müssen, wie es jeder andere Mensch, welcher ebenfalls auf staatliche Transferleistungen – weil er selber keine eigene Macht hat und damit produktive Leistung gegenüber der Allgemeinheit erbringen kann - angewiesen ist. Selbstredend aber mit ganz anderen Ansprüchen und staatlichen Leistungen versehen. Angefangen bei der Höhe der staatlichen Transferleistung, über eigene Arbeitsräume - für ein Amt ohne jegliche Macht und daher wohl auch keinerlei effizienter (Gegen)Leistung -, Dienstfahrzeug, lebenslange Versorgung etc.!
Letztlich handelt es sich hierbei also eigentlich nur um lauter „Prediger“ in der Nachfolge eines Jesus Christus, auf dessen christliches und menschliches Werteverständnis sie ja auch dauernd abheben und ihre Rechtfertigungen bauen. Was gerade im Falle eines Herrn Wulff an Aktualität gar nicht zu überbieten ist. Denn in der „Causa Wulff“ geht es eigentlich auch nur noch darum, dass es „Schuld und Sühne“ als Menschlichkeit gibt und geben muss. Eigene Fehler zu erkennen, zugeben und um Verzeihung bitten, weil dies ja menschlich und auch ein Bundespräsident nur Mensch sei.

Dies Alles wäre ja mit ein wenig gutem Willen und christlicher Nächstenliebe durchaus noch nachvollziehbar. Aber...und hier wird es meiner Meinung nach sehr kritisch. Wenn ein Amtsinhaber Gesetze unterschreiben muss, welche die - selbst bei ihm - vorherrschende Ungerechtigkeit (nämlich die unterschiedliche Beurteilung von Menschen beim Bezug von staatlichen Transferleistungen) rechtfertigt und bestätigt, dann stellt sich mir schon die Frage: wie kommt ein menschliches „Opfer“ der Medien dazu, die Macht der Worte – nämlich die Gesetzestexte – ungeprüft zu unterschreiben und zu nutzen, welches sich ständig dafür entschuldigen muss, dass es Fehler gemacht habe?!
Wieso erteilt man einem „Azubi“ - laut eigener Aussage – Unterschriftvollmacht für weitreichende Entscheidungen und Rechtsverbindlichkeiten?! Wieso wählt „man“ einen „Azubi“ in solch ein Amt?! Müsste derjenige, welcher das Recht als verbindlich unterschreibt und veröffentlicht nicht gerechter sein, als jeder andere?! Oder weiß er gar nicht, was er da unterschreibt und für alle Menschen der Gesellschaft verbindlich macht?!
Wenn „man“ mit der (eigenen) Macht der Worte bei einem anderen Menschen heftigst kritisiert ( wie z. B. die Freundschaft eines Herrn Schröder mit Herrn Maschmeyer), was „man“ eine gewisse Zeit später als völlig „normal und menschlich“ bezeichnet und selbst in Anspruch nimmt?! Dann hat „man“ wohl vorher eine völlig „normale Menschlichkeit“ kritisiert und als Fehler und Missstand bezeichnet, oder „man“ lebt das Prinzip: „wenn zwei das gleiche tun, ist es nicht das gleiche“!
Wie glaubwürdig (von gerecht ist dann sowieso keine Frage mehr) kann „man“ dann noch sein?!

Die „Causa Wulff“ ist also letztlich nicht nur eine „Causa Wulff“, sondern sie ist und könnte zu einer „Causa Glaubwürdigkeit, Recht und Wahrheit“ und damit zu einer Frage unseres demokratischen Verständnisses und dessen Notwendigkeiten werden.

Zur Frage, ob der „Schein“ mehr ist, als das „Sein“. Ob die „Macht der Worte“ nur dem Schein gerecht wird, oder ob wir mehr als nur den Schein wollen und brauchen?!

Und es stellt sich die Frage, brauchen wir und wozu überhaupt ein „(Schein)Amt“ ohne Macht, wenn selbst die „Macht der Worte“, welche diesem Amt zugeschrieben werden, an Scheinheiligkeit nicht mehr zu überbieten ist?!

Für Ihr Interesse und Ihre Mühe danke ich und verbleibe mit freundlichem Gruß

Robert Kroiß
München

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